Stand: 20.04.2012

 

Kritiken

 

Gods and Generals

Daniel McCarthy, 28. Februar 2003, Absolvent der Studienrichtung Klassiker auf der Washington University in St. Louis.

Wenn Sie vorhaben, Gods and Generals anzusehen, tun sie es bald. Als fast vierstündiges Historien-Epos, das bislang mäßige bis schlechte Kritiken erfahren hat, wird nicht lange in den Kinos bleiben. Es wird ein zweites Leben im Fernsehen und ein drittes auf DVD haben, aber es gibt keinen Ersatz dafür, es auf der Großleinwand zu sehen. Denn es ist und bleibt ein Epos: Ein Film mit dem Namen Gods and Generals hat es verdient, auf einem großen Medium gezeigt zu werden.

Es ist der "Vorgänger" zu Gettysburg von 1993 und ebenso wie dieser frühere Film aus Drehbuch und Regie von Ronald F. Maxwell, finanziell getragen von Ted Turner, der in Gods and Generals einen Gastauftritt hat (eine Gelegenheit für die Hälfte der Zuschauer, die andere Hälfte anzustupsen und zu flüstern: "Schau hin, das ist Ted Turner"). Dieser Film greift Ereignisse vom Beginn des Krieges heraus, über die Schlachten von Manassas, Fredericksburg und Chancellorsville, die sämtlich von der Konföderation gewonnen wurden, was größtenteils dem Protagonisten des Films zu verdanken war, General Thomas "Stonewall" Jackson (Stephen Lang). Die Geschichte ist ebenso seine eigene wie die des Krieges selbst. Und diese Geschichte wird überwiegend aus dem Blickwinkel des Südens erzählt - einer der Gründe, warum die Kritiker sie so verachten.

Es sollte nicht falsch verstanden werden: Gods and Generals tendiert mehr oder weniger eindeutig zum christ­lichen Glauben, zum Süden und zum Liberalismus. Durch seinen unerschütterlichen Glauben an Gott verzieht Jackson mitten im gegnerischen Feuer keine Mine; er fühlt sich im Schlachtfeld ebenso sicher wie in seinem Bett. Er betet so imbrünstig wie er kämpft. Und wofür er kämpft ist seine Heimat, seine Familie, und deren Freiheit. Den gleichen Beweggrund treibt Jackson's Kameraden, von General Robert E. Lee (hervorragend dargestellt von Robert Duvall) zu den Kadetten des Virginia Military Institut, an dem Jackson zu beginn lehrt. Sie kämpfen nicht für ein abstraktes Gebilde, sondern vielmehr für eine reale Einrichtung; ihre Heimat und ihre Prinzipien sind untrennbar miteinander verwoben.

Dies alles bedeutet aber nicht, dass Maxwell einen einseitigen Film gemacht hat, auch wenn er eine Seite stark betont. In einer Zeit, in der jedes Zeigen südstaatlerischer Symbole oder jedes Vertreten der Sache des Südens mit Rassismus gleichgesetzt wird - oder nach neokonservativen Ansichten, mit Verrat - muss dieser Film eine Seite gegenüber der anderen herausheben, um das Gleichgewicht herzustellen. Die Sache der Union ist den Kinogängern mittlerweile vertraut; die Sache des Südens nicht. Kritiker bezeichnen die Pro-Unions-Ansprache von Lt.Gen Joshua Chamberlain (Jeff Daniels) als Platzhalter. Das ist nicht wahr. Als Chamberlain fragt, wie jemand für die Freiheit kämpfen und gleichzeitig die Sklaverei tolerieren kann, wirft er einen Punkt auf, der dem Süden mehr Schaden zufügt wie es jeder Kritiker gutheißen kann, weil sie das spezifische Verständnis des Südens von Freiheit nicht verstehen.

Ideologische Ansichten ist aber nur ein Teil der Gründe, warum Gods and Generals kritisch beurteilt wird. Ebenso bedeutend ist, dass dieser Film das Aufmerksamkeitsvermögen eines Erwachsenen erfordert. Es ist nur fast vier Stunden lang, sondern auch tragen die meisten Figuren Uniformen und haben - unter den Generälen - ähnliche Bärte. Die Dialoge sind sehr gesetzt, teilweise steif, aber aus guten Gründen. Wie Stephen Sailer in sieiner Filmbeschreibung auf UPI schreibt, "So hat die gebildete Schicht in den 1860ern gesprochen. Sie lasen mehr als wir es heute tun, besaßen aber weniger Lesestoff. Sie hatten fast nur Klassiker. Lincoln z.B. ging in King James' Bibel und in Shakespeare auf. Sie waren von hoher Rhetorik begeistert und liebten Ansprachen." Die Figuren in Gods and Generals rezitieren Gesichte und Bibelverse aus dem Gedächtnis und stellel häufig Bezüge zur römischen Geschichte her. Der Effekt ist, dass sich Gods and Generals wie ein Sachfilm aus dem 19. Jahrhundert anfühlt, wenn es solche damals gegeben hätte.

Die meisten Filme - selbst die vorgeblich ernsthaften - wollen eine Flucht aus der Wirklichkeit sein. Gods and Generals will das nicht. Deshalb macht es wenig Sinn, diesen Film mit den gleichen Maßstäben zu beurteilen wie Daredevil oder Old School oder was auch immer gerade im örtlichen Multiplex-Palast läuft. Gods and Generals ist ein Unterhaltungsfilm, aber es unterhält anders als andere Filme. Zum Einen ist es kein persön­licher, psychologisch subjektivistischer Film, der den Betrachter anregt, sich mit den Charakteren und ihren Gefühlen zu identifizieren. Stattdessen versucht der Film, ein Gefühl für den Krieg ansich zu erzeugen, sowohl in den brutalen Schlachtszenen als auch in der Gott-ähnlichen Aura, die einige der Kommandeure des Krieges umgibt, insbesondere Thomas Jackson. Wo versucht wird, die Charaktere zu vermenschlichen - so dort, wo Jackson ein befreundetes kleines Mädchen auf seinen Schultern reiten lässt -, neigt der Film zur Lächerlichkeit. Die Aufgabe, einen Mann wie Jackson sowohl als menschliches Wesen als auch als Legende zu zeigen, ist tatsächlich sehr anspruchsvill; der Film ist am Besten, wo er sich auf die Legende richtet.

Der Film heißt Gods and Generals, weil dies der Titel des Buches von Jeff Shaara ist, auf dem der Film basiert. Aber es gibt hier nur einen General, der einen Gott-gleichen Status hat, und das ist Stonewall Jackson. Es ist wohl das ersten Mal, dass er in einem Film portraitiert wird. Es wurde Zeit. Man kann annehmen, dass außerhalb der Bürgerkriegs-Anhänger und unverbesserlicher Südstaaten-Patrioten kaum ein Amerikaner weiß, wer und wie bedeutend Jackson war. Was auch immer die historische Wahrheit sein mag, die Legende von Stonewall Jackson als Anführer ist so gewaltig, dass er den Süden beinahe eigenhändig gerettet haben könnte. Es umgibt ihn eine solche Mystik, die ich vor dem klassischen Hintergrund nur mit der von Alexander dem Großen vergleichen kann. Diese beiden Männer könnten nicht unterschiedlicher sein, insbesondere nicht in ihren persönlichen Leben, aber beide verbanden ihre Schlachtfeld-Karriere mit dem Segen Gottes, und beide hinterlassen die Frage nach dem Ausgang des Krieges, wenn sie nicht so früh verstorben wären. Selbst Napoleon und Cäsar erscheinen dagegen deutlich weniger gesegnet - vielleicht, weil sie lange genug gelebt haben, um die Schranken ihrer Fähigkeiten sichtbar werden zu lassen.

Gods and Generals beurteilt die Legende von Stonewall Jackson ohne sie überzubewerten. Im Film ist er auch menschlich und macht Fehler. Stephen Lang's Darstellung von Jackson ist unvergleichlich; er zeigt uns einen Mann, so gefestigt in seiner Hingabe zu Gott, dass alles andere nur noch Beiwerk ist. Allein aus diesem Grund kann Jackson im Feuerhagel aufrecht stehen - selbst nachdem er von einem Querschläger getroffen wurde - und im Angesicht der Schlachtfeld-Grausamkeiten geradezu stoisch ruhig bleiben. Lang's Darstellung vermittelt die Beziehung zwischen Pietät und martialischer Brillianz, die der legendäre Jackson vorgelebt hat. Gods and Generals zu sehen ist es alleine schon wert, Lang als Stonewall Jackson zu erleben, und zu erleben, wie Jackson auf der Leindwand Gerechtigkeit getan wird.

Aber es gibt noch andere Dinge in Gods and Generals anzusprechen. Die Schlachtszenen sind realistisch und erschütternd, ebenso gut wie jene in Gettysburg. Ohne den Einsatz von Eimer-weise Blut gibt Gods and Generals einen glaubwürdigen und bewegenden Eindruck einer Schlacht. Auch zeigt er auf, wie erbärmlich und sinnlos der Krieg sein kann, wenn seine Kommandeure so inkompetend sind wie der Unions-General Burnside (Alex Hyde-White). In der Schlacht von Fredericksburg schickt Burnside Welle auf Welle seiner Unions-Truppen gegen gut verschanzte Konföderierte ins Feld, mit entsetzlichen Verluste. Unions-Soldaten müssen sogar die Körper toter Kameraden als Schutz vor den Kugeln benutzen. Für kurze Zeit erlangen die Yankees die Kontrolle über Fredericksburg, was in einer Plünderungsorgie mündet. Als die Konföderierten die Stadt zurück­eroberten, war es für einige der Stadtbewohner bereits zu spät, die alles verloren hatten. In der Zwischenzeit wird den US-Truppen auf dem Morgenappell eine Nachricht von Präsident Lincoln verlesen, der sie als die tapfersten Soldaten der Geschichte preist. "Buster" Kilrain, ein einfacher irigischer Soldat in der Unions-Armee, hat für solchen wertlosen Unsinn nichts als Verachtung übrig. Was nützt es, tapfer zu sein, wenn man einfach nur als Kanonenfutter benutzt wird?

Eine besonders wichtige Szene, die von den meisten Kritikern übersehen wird, darunter auch jenen die für ausgesprochen konservative Medien schreiben, wird zu Beginn des Filmes gezeigt, als sich Thomas Jackson darauf vorbereitet, seinen Lehrstuhl am Virginia Military Institute zu verlassen und seine bisherigen Kadetten in die Schlacht zu führen. Der Vater einer der Kadetten unterstützt die Sezession nicht und wird nach Pennsylvania gehen. Er trifft sich mit Jackson und seinem Sohn. Jackson bietet an, dass der Junge mit seinem Vater geht, wenn er dies wünscht. Wenn er sich aber entscheidet, mit Jackson zu kämpfen, gehört er dem Süden an und wird ihn bis zum Ende des Krieges nicht mehr verlassen können. Und diese Wahl trifft der Kadett: bei Jackson zu bleiben anstatt seinem Vater nach Pennsylvania zu folgen.

Die Szene ist wichtig, weil sie herausstreicht, dass diese Männer Entscheidungen fällen mussten. Sie wählten ihre Loyalitäten nicht blind. Einige der angeblichen Konservativen, die über Gods and Generals schreiben, würden diese Wahrheit gerne auslassen; wenn sie überhaupt eine Sympathie für den Süden zeigen, dann für die Soldaten als missgeleitete Patrioten, Männer die einen Fehler begangen hatten und keine Sünde oder Verbrechen (wie Verrat). Aber diese Haltung ist erniedrigend für jene, die für den Süden gekämpft haben. Ja, sie waren Patrioten, und für sie war die Heimat ihr Staat, nicht die Union. Aber sie waren denkende Patrioten, die genau wussten was sie taten und warum. Der Süden war für sie nicht einfach ein Stück Land, auf dem die Freunde und Verwandten zufällig ebenfalls lebten; er stand auch für eine Lebensart und einen Glaubensgrundsatz, sämtlich untrennbar verbunden. Die Szene in Harper's Ferry zeigt dies auf. Selbst wenn es die Trennung vom Vater bedeutet, entschied der Kadett, sich dem Süden anzuschließen, da der Süden nach seiner begründeten Meinung im Recht war. Das Element der Entscheidung zu ignorieren und den Krieg auf eine reine Stammeszugehörigkeit zu redizieren, kann dem Film - und den dargestellten Figuren - ebenso wenig gerecht werden wie es jene können, die dies in politisch korrekte Floskeln verpacken.

Nichts erregt politisch korrekte Kritiker mehr wie die Rolle der Farbigen in diesem Film. Es werden zwei wichtige farbige Figuren dargestellt, und beide haben Tendenzen zum Süden. Tatsächlich stehen beide loyal zum Süden, ungeachtet ihrem Hass auf die Sklaverei. Eine dieser Figuren ist Martha (die liebliche Donzaleigh Abernathy), eine Hausdienerin, die in Fredericksburg zurückbleibt während ihre Herrenfamilie flieht, um das Haus gegen die Besetzung durch Unionstruppen zu schützen. Sie sagt der Familie sogar, dass es auch ihr Haus sei. Die andere Figur ist Stonewall Jackson's befreiter Neger-Koch Jim Lewis. Seine Familie bis zu den Cousins ist zur Hälfte frei und zur Hälfte Sklaven, wie er Jackson eines Nachts erzählt, als sie auf einer Marschpause gemeinsam beten. Jim betet zu Gott, seine Landsleute zu erleuchten und der Sklaverei ein Ende zu bereiten. Jackson stimmt ein und teilt Jim mit, dass einige Generäle Farbige für ihre Freiheit als Freiwillige in der Armee sehen wollen.

Zwei farbige Figuren, und beide loyal zum Süden. Das ist mehr als Roger Eberts von der "Welt" ertragen kann. Als Gipfel dessen ist die einzige Figur mit ausdrücklich rassistischen Ansätzen ein Nordstaatler, Joshoa Cham­berlain's Bruder Tom (C. Thomas Howell), der Farbige als "Schwarze" bezeichnet und der Meinung ist, die Emanzipüations-Proklamation könnte zur Rebellion auch in den Unions-Reihen führen und würde den Süden noch mehr anstacheln. Colonel Chamberlain rügt seinen Bruder für diese Ansichten, und dies dient als Anlass für Chamberlain's Rede für die Sache des Nordens ("Rede" ist auch hier das richtige Wort; der Dialog ist stellenweise druckreif und auch didaktisch). Hier geht einiges Hand in Hand; manchmal führt der Film diese zugrundeliegende Sache direkt vor Augen, berichtet mehr als zu zeigen. Dies ist eine Schwäche, aber eine kleinere, und vielleicht eine unvermeidliche. Aber es gibt auch ein paar Sichtweisen - Farbige loyal zum Süden, rassistische Nordstaatler und Freiheits-liebende Konföderierte - die sich gegen die heute vorherrschenden stereotypischen Ansichten stellen. Maxwell musste hierbei achtgeben, nicht zu deutlich zu werden, denn er sagt vielen der Zuschauer etwas was diese nicht hören möchten.

Maxwell brauchte viel Mut, diesen Film zu machen und so auszugestalten wie er ist. Auch seine Unterstützer wie Ted Turner brauchten diesen Mut. Es gibt noch ein Kapitel in der Bürgerkriegs-Trilurgie von Maxwell und Shaara (Gods and Generals, Gettysburg, und das geplante Last Full Measure). Ob der letzte Film gedreht und in den Kinos gezeigt wird, hängt davon ab, wieviel Erfolg Gods and Generals haben wird. Es ist zweifellos ein "schwieriger" Film - schwierig für einige, weil es ein faires Bild des Südens zeigt, und schwierig für andere, weil er über drei Stunden lang und sehr tiefgründig ist - und er hat seine Schwächen. Aber der Film ist es wert, von den Zuschauern unterstützt zu werden; Schwäcchen gibt es nur dort, wo er zu ambitioniert ist. Und wo er gut ist, wie in Stephen Lang's Darstellung von Jackson, in der sinnigen Darstellung der Sache des Südens, und in der Darstellung einiger der realistischten Kampfszenen aller Zeiten, dort ist er gewaltig gut. Also schauen Sie ihn sich an. Und schauen Sie ihn sich bald an.

 

Glory, glory, halleluja: Nicht nur "Dixie" pfeifen

Stephen Holden, 21.02.2003

Gods and Generals ist ein lumpiger, drei-einhalb Stunden dicker Klotz amerikanischer Bürgerkriegsgeschichte und besetzt das flache, aber selbstgerechte Genre genannt "Amerikanische Geschichts-Darstellung". Mehr als zwei Jahre des Bürgerkrieges von Anfang 1861 bis 1863 behandelnd, leidet der Film unter tonnenschwerer, hochtrabender Ernsthaftigkeit.

Das ist Geschichte mit großem "G". Humor oder spontane Gefühle dürfen bei all dieser Tiefgründigkeit nicht vorkommen. Panoramenhafte, aufwändig rekonstruierte Schlachtszenen wechseln sich mit langatmigen Wieder­­gaben legendärer historischer Figuren mit predigender Redeweise ab. Reden, die nach Abkürzung rufen, werden bis zur vollen Blüte ausgebreitet. Die einzigen Bösewichte des Filmes, der das militärische Vorgehen beider Seiten als unendlich herorische Taten beleuchtet, sind drei konföderierte Deserteure.

Noblesse ist das offizielle Gefühl, das wie reinigende Bleiche durch Gods and Generals gespült wird. Wenn verwundete Soldaten sterben, verschwinden die im großen Nichts wie kleine Staubflusen, ihre Augen erwart­ungsvoll gen Himmel gerichtet. Die Überlebenden trauern in diskret verborgenem Schluchzen, behütet in der Gewissheit, dass die gegangenen Liebsten in den Händen der Engel sind. Krieg kann die Hölle sein (und man muss den Film zugute halten, dass seine Schlachtszenen dies einigermaßen aufzeigen), aber Gods and Generals macht den Gang in den Krieg zum Gang in die Kirche.

Der Film ist das Vorspiel zu Gettysburg, ein noch längerer Film von 1993, wie dieser von Ted Turner produziert, der in beiden einen kleinen Gastauftritt hat. Hier setzt er sich zwischen konföderierte Soldaten und wohnt einem aufgesetzten Singsang von "Bonnie Blue Flag" bei.

Beide Filme wurden von Ronald F. Maxwell geschrieben und gedreht, basierend auf einer Bürgerkriegs-Buch­reihe von Michael Shaara, dessen 1974er Roman "The Killer Angels" zum Film Gettysburg wurde. Seit Shaara's Tod 1988 setzte sein John Jeff die Reihe fort, dessen Gods and Generals 1996 erschien.

Obwohl beide Filme die gleichen epischen Ambitionen und majestätischen Bildeindrücke teilen, ist irgendetwas in dem dazwischenliegenden Jahrzehnt entsetzlich falsch gelaufen. Gods and Generals zieht die Tendenzen des älteren Films in nerviges Predigergehabe bis hin ins aberwitzigen Extrem. Gleichzeitig hat er das Geschichts­verständnis seines Vorgängers verloren. Ereignisse werden verwirrend aneinandergereiht, häufig mit zu vielen verwirrenden Einzelheiten. (Aus keinem erkennbaren anderen Grund als den, die Anhängerschaft zu bedienen, listet der Film die Namen der Brigaden auf, wie sie in die Schlacht ziehen.) Und gerade wenn das Gefühl einer Erzählung aufkommt, hat der Film die Eigenart, bestehende Figuren zu fesseln und anschließend einfach ver­schwinden zu lassen. (Vielleicht erfahren wir mehr über sie in der wohl zwangsläufig folgenden Miniserie.)

Das größte Problem des Filmes ist sein unpassender Zeitrahmen. Während sich Gettysburg auf eine Schlacht beschräkt, die über drei-einhalb Tage ging, umfasst Gods and Generals drei große Bürgerkriegs-Konflikte, sämtlich in Virginia: die Erste Schlacht von Bull Run, die Schlacht von Fredericksburg (in der aufeinander­folgende Wellen von Unions-Truppen von verschanzten Konföderierten zurückgeschlagen wurden) und die Schlacht von Chancellorsville.

Es war in Chancellorsville, wo der siegreiche konföderierte General Stonewall Jackson (Stephen Lang) von eigenen Truppen versehentlich vewundet wurde und acht Tage später an Lungenentzündung starb. Typisch für den Mangel an Regie-Diskretionsind ist der zwanzig lange Minuten dauernde Abschied am Totembett.

Robert Duvall's Portrait des konföderierten Kommandeurs Robert E. Lee mit sanfter Stimme verdient besondere Referenz, aber Mr. Lang's feurig-äugiger Jackson dominiert den Film. Auch wenn Gods and Generals Jackson's vollbärtiges Gehabe verehrt, kommt er doch als einfältiger und fanatisch-religiöser Mann heraus, der endlos über "Gottes Wille" fabuliert. Der Tiefpunkt des Filmes ist eine grotesk-sentimentale Episode, in der Jackson, der gerade vom Fieber-Tod eines kleinen Mädchens erfahren hat, vor seinen Soldaten zusammenbricht und weint. Ein Ausbruch, der die Figur vermenschlichen soll, der aber als übertriebene Geste großherrschaftlichen Selbst­mitleids ankommt.

Die biblischen Anklänge von Jackson's und Lee's Ansprachen werden mit weichgespülter Musik nach amerika­nischgem Geschmack (von John Frizzell und Randy Edelman) begleitet, die nahezu den gesamten Film lang spielt. Die langweilende Mischung aus Kirchenmusik und quasi-symphinischem Mombast durch massiven Chor-Einsatz erzeugt ein niedergehendes Gefühl, in einer endlosen Trauerveranstaltung gefangen zu sein.

Die Religiösität der Rhetorik mag authentisch sein, aber ihre Permanenz lässt die Sache der Konföderierten wie einen heiligen Krieg erscheinen. Gleichzeitig verhehlt der Film nicht, mit welchem Macho-Gehabe sich Lee und Jackson auf die konföderierte Seite gestellt haben. Gods and Generals folgt dem Beispiel von Vom Winde verweht in der Art, den Umgang des Südens mit den Farbigen zu beschönigen. Seine einseitige Sichtweise zeigt befreite und bald-befreite Sklaven, wie sie an ihren Herren hängen und loyal der konföderierten Armee dienen.

Nach etwa einer Stunde Film versucht Gods and Generals endlich, mit Lt.Col. Joshua Lawrence Chamberlain (Jeff Daniels), dem siegreichen Unions-Führer und Helden des Films Gettysburg, das moralische Gleichgewicht herzustellen. Als Hochschulprofessor aus Maine, der seine vielversprechende akademische Karriere für den Dienst in der Armee aufgibt, liefert Chamberlain mit seiner Ansprache, die Abolition sein ein Grund dafür zu sterben, den schärfsten Gegenwind zur Sklaverei. Aber Mr. Daniels, dem seit Gettysburg ein Doppelkinn ge­wachsen ist, hat seinen Glanz verloren. Neben seinen konföderierten Gegnern kommt er als unwichtiges, uneffektives Leichtgewicht herüber.

Nur solange in Gods and Generals nicht geredet wird, gewinnt der Film an Größe. Diese Phasen sind haupt­sächlich teschnisch bedingt und lehrhaftig und werden Bürgerkriegs-Anhänger begeistern. Der Film, der heute landesweit anläuft, wurde an mit schönen Bildern verschiedenen Orten in Virginia, Maryland und West Virginia gedreht, und in einigen Szenen kann man förmlich die eisige Kälte in der Luft spüren. Die menschenreiche, exakt chroreographierten Kampfszenen, an denen 7.500 Bürgerkriegs-Nachsteller mitwirkten, versetzen den Zuschauer direkt an die Frontlinien einer Auseinandersetzung, deren Kampfesregeln des mittleren 19. Jahr­hunderts jenes antiquierte Verhalten in ein barbarisches Unternehmen führen. Zu jener Zeit, als sich Soldaten Auge in Augen gegenüberstanden, soll erinnert werden, dass Krieg immernoch ein siegreicher, herorischer Blutfleck sein kann.

Gods and Generals ist aufgrund seiner ausgedehnten, realitätsnahen Schlachtszenen mit PG-13 eingestuft (erhöhte Aufmerksamkeit für die Eltern)

 

Antwort vom 31.12.2004

Geschichte für Geschichte-Fans

Selten habe ich einen Film gesehen, bei dem ich dem Rezensenten so eindeutig widerspreche. Geschichte ist mein Hobby und der Amerikanische Bürgerkrieg ist der Mittelpunkt meiner Interessen. Vielleicht habe ich deshalb mit dem Fortgang des Filmes die Probleme nicht, die sich den Verfasser auftun. Die Portraitierung von Jackson, ziemlich entgegen der Verzerrung die der Rezensent in der Darstellung erkennen will, ist nahezu fehlerfrei entsprechend der heutigen Geschichtsforschung, seine seltsame und außergewöhnliche Figur betreffend. Ich nehme sehr stark an, dass der Autor den Titel nicht begriffen hat und über kein tieferes Wissen zum Bürgerkrieg verfügt. Mir hat der Film sehr gefallen.

 

Antwort vom 14.10.2010, Staunton, VA

Ja, aber…

Während Gods and Generals tatsächlich einen etwas unausgewogenen Blick auf den Bürgerkrieg mit offen­sichtlichem konföderierten Übergewicht zeigt, halte ich dies für einen Versuch, der allgemeinen Aufmerk­samkeit seiner Zeit zu Aspekten wie Sklaverei, Staatsrechte usw. Rechnung zu tragen. Ganz klar bedeutete "Konföderierter" oder "Südstaatler" nicht automatisch auch "grausamer Sklavenbesitzer" oder "ignoranter, hasserfüllter Rassist", was die von uns oft angerufene "Volksweisheit" verbreitet vorgibt. Leider ging der Film damit mäßig um. Anstatt verschiedene Gesichtspunkte in ausgeglichener Weise zu behandeln, wurde es eher zu einer pro-konföderierten Kochwäsche mit Chamberlain darin, um die Kanten etwas zu glätten.

Entgegen vieler anderer Leute war ich auch mit den Kampfszenen unzufrieden. Ich fand sie zu "sauber", viel­leicht der angestrebten PG13-Freigabe geschuldet. Diese Szenen muten eher wie Gemälde von Schlachten an und nicht wie Darstellungen der unglaublichen Schlächtereien, die in Kriegszeiten stattfanden. Der Zuschauer sieht kaum mehr wie Männer, die in Erdmulden fallen und mengenweise Staub und Rauch aufwirbeln. Blut gibt es nahezu garnicht und nur wenige Leute leiden längere Zeit. Der Bürgerkrieg war - wie jeder Krieg - kein blutfreier, schmerzloser Konflikt, und meiner Meinung nach sollte jeder Film, der sich "Historie" nennt, dies auch wiedergeben. Der Mann-gegen-Mann-Kampf kommt auch amateurhaft herüber - was aber auch zu erwarten war, wenn Holly-Nachsteller engagiert werden - und litt unter beachtlichem "Gummi-Schwert-Symdrom".

Die Tendenz der Figuren, in Monologe abzugleiten, war etwas störend und (meiner Meinung nach) unrichtig, aber ich fand es absolit nicht so schmerzlich wie der Rezensent. Ebenso finde ich die Aufmerksamkeit, die Jackson's Tod gezollt wird, so außerordentlich langweilig. Dies vielleicht, weil ich im Gegensatz zum Rezen­senten Jackson nicht als "religiösen Fanatiker" und "Einfaltspinsel" dargestellt sehe. Ich habe viele Fanatismen erlebt - religiöse und andere -, und kann beruhigt feststellen, dass dies hier nicht zutrifft. Hingabe, ja. Zur "Einfalts"-Anmerkung würde ich gerne entsprechende Szenenausschnitte als Beispiele gezeigt bekommen. Man bedenke seine Position und Verantwortung, Befehle zu erteilen. Persönlich habe ich das Gefühl, dass Stephen Lang den Film mit seinem starken Portrait von Jackson überwiegend allein getragen hat.

Der Rezensent scheint sich an der Gesamtlänge des Filmes ebenso zu stören wie an allem anderen. Ich halte dies für einen Placebo-Punkt. Der Film ist tatsächlich eine halbe Stünde kürzer als Gettysburg, und man sollte keine Filme kritisieren, wenn die eigene Konzentrationsfähigkeit nicht über die typische 120-Minuten-Länge reicht. Wie der Rezensent selbst sagt, überstreicht Gods and Generals einen großén Zeitraum, und selbst Antietam fiel dem Schneidetisch zum Opfer. Ich hoffe, dass eines Tages der Director's Cut erscheint und dass dieser die ungleiche Gewichtung der Unions- und konföderierten Seite ausbalanciert.

Insgesamt ist es kein schlechter Film, aber großartig ist er auch nicht unbedingt. Er versagt in dem Versuch, die Akzeptanz der Rolle des Südens im Bürgerkrieg zu heben, was bedauerlich ist. Die Schlachten wurden zusam­mengewürfelt und mitunter schlecht choreographiert und hätten besser Schauspieler einsetzen sollen und keine "Enthusiasten". Begeisterung ist nicht unbedingt ein gleichwertiger Ersatz für Können. Auch hier trägt Stephen Lang den Film. Und ja, er ist lang, aber das sollte im Grunde keine Rolle spielen, eingedenk des behandelten Zeitraumes.