Original-Kommentar

 

von

Regisseur und Drehbuchautor Ronald F. Maxwell (RM)
Chef-Kameramann Kees Van Oostrum (KO)
Autor und Pulitzer-Preisträger James M. McPherson (JM)
Militärhistoriker Craig Symonds (CS).

Übersetzung: U. Hailer

Stand: 20.04.2012, letzte Durchsicht 25.11.2024

 

Teil 1

(JM) Im Winter und Frühjahr 1863 war die Sache des Nordens in einer Art tiefem Tal. Im östlichen Schauplatz sind die Unionskräfte bei Fredericksburg vorgeführt worden. Der Versuch von General Burnside, Kommandeur der Potomac-Armee, diese Niederlage wiedergutzumachen, blieb im Januar 1863 im später so genannten Matsch-Marsch stecken, Burnside wurde seines Kommandos enthoben und durch Joe Hooker ersetzt. Hooker machte große Ankündigungen, was er Lee im Frühjahr antun würde, doch auch er wurde bloßgestellt und die Armee des Nordens bei Chancellorsville geschlagen.

In der Zwischenzeit führten anfängliche Versuche der Union im Westen, die dortige strategisch wichtige Stadt Vicksburg einzunehmen, zu einem fruchtlosen Stillstand. Im Dezember 1862 hatte Sherman, der einen Teil von Grant's Armee kommandierte, die Konföderierten nördlich von Vicksburg bei Chickasaw Bluffs angegriffen und war abgewehrt worden. Kavallerie-Ausfälle in Grant's Rücken zwangen ihn, sich aus Nord-Mississippi zurückzuziehen. Grant beschränkte sich darauf, den Feldzug auf die Stadt über den Fluss hinweg zu führen. In den ersten Monaten 1863 geschah aber scheinbar nichts. Krankheiten unter der Nord-Armee forderten in jener Zeit viele Opfer. Und der Druck auf Lincoln wuchs, Grant als Trinker und Fehlbesetzung abzuberufen.

Nach dem Sieg bei Chancellovsville beschloss Lee, aus vielerlei Gründen in den Norden einzudringen, und Jefferson Davis stimmte zu. Zum Einen wollte Lee die Vorräte seiner Armee aus den reichen Vorräten jener Landstriche auffüllen. Wichtiger aber war Lee's Überzeugung, dass er mit einem weiteren entscheidenden Sieg die Haltung der nördlichen Bevölkerung gegen die Fortführung des Krieges wenden und die Friedens-Demokraten - die "Copperheads" - so stärken konnte, dass Lincoln's Regierung gezwungen wäre, auf die Forderung nach Waffenstillstand und Friedensverhandlungen einzugehen. Dies wäre ein Meilenstein zum Sieg der Konföderation, da es die Anerkennung der Unabhängigkeit des Südens in Form eines Friedensschlusses bedeutete.

So also marschierte Lee im Juni 1863 im Norden ein und nahm das Schicksal der Konföderation in seine Hände. Es sah so aus, als hätten sie Grant in Mississippi erfolgreich frustriert und eine weitere wichtige Unionsarmee in Zentral-Tennessee neutralisiert – dort war es die letzten sechs Monate ebenfalls zu einem Stillstand gekommen. Lee suchte im Norden den entscheidenden Schlag gegen die Union.

(RM) Ich bin Rin Maxwell, der Drehbuchautor, Regisseur und Ko-Produzent des Films "Gettysburg". Mit Michael Shaara über das Schlachtfeld zu wandern war eine eindrucksvolle Erfahrung. Zunächst durch sein Beisein, denn er ist eine kraftvolle Erscheinung, und dann jene Schlacht von ihm vor Ort erläutert zu bekommen. Wenn es sowas wie geweihten Boden gibt, dann ist das einer der Orte wo man das spüren kann, diese magische Verbindung zwischen dem Boden und den Menschen, ganz besonders an den Stellen, von denen wir wissen, welche bedeutenden Ereignisse dort stattgefunden haben. Gettysburg ist nur einer dieser Orte in unserer nationalen Geschichte als Amerikaner, aber natürlich ein ganz besonderer.

(CS) Mein Name ist Craig Symonds, ich bin Historiker. Ich lehre über den Amerikanischen Bürgerkrieg an der US-Marine-Akademie. Nun, im 19. Jahrhundert – und insbesondere im Amerikanischen Bürgerkrieg – war die Kavallerie sprichwörtlich das Auge und das Ohr der Armee. Natürlich gab es seinerzeit nicht die Möglicheiten zur Informationsbeschaffung heutiger Armeen wie elektronisches Abhören und Spionagesatelliten. Sondern die Generäle verließen sich stark auf die Informationen, die ihnen von der Kavallerie beschafft wurden. Man verwendete Zeitungen des Gegners, die in verlassenen Lagern zurückgeblieben waren. Oder Zivilisten am Wegesrand erzählten ihnen: "Gestern sind 10.000 Männer an meinem Haus vorbeimarschiert." Oder Gefangene verrieten Dinge, indem sie prahlten: "Jungs, wartet auf das nächste Mal, unten an der Straße warten 5.000 von uns und dann habt Ihr ein Problem." Aber der wichtigste und professionellste Weg der Informationsbeschaffung war die Kavallerie. Das galt für beide Seiten.

Aus diesem Grund entschied sich Lee bewusst, den Weg nach Pennsylvania durch das Shenandoah-Tal jenseits der Blue Ridge Mountains zum Potomac und deren Fortsetzung, den South Mountains, zu nehmen, weil ihn die Berge vor den Blicken der Unions-Kavallerie schützten. Als die Unions-Armee herausfinden wollte, wo sich die Konföderierten befanden, war die Aussendung von Kavallerie-Trupps die effektivste Methode. Und genau dies tat Hooker bzw. nach dessen Ablösung dann Meade. Er schickte Kavallerie in alle Richtungen los, und es war einfach ein Zufall, der General Buford deshalb in die Stadt Gettysburg am Kreuzungspunkt mehrerer Straßen geführt hatte, während andere Einheiten in andere Richtungen unterwegs waren.

(KO) Ich bin Kees Van Oostrum. Ich war Kamermann bei "Gettysburg". (zu Szene 12, Chamberlain steigt auf dem Marsch vom Pferd) Dies ist eine typische Kleinstadt-Szene. Sie besteht aus einigen alten Farmen, die an der Straße zu finden sind. Vielleicht war das früher einmal eine Farmgemeinschaft, aber dort in Pennsylvania befinden sich noch viele solcher alten Gebäude in Gruppen zusammen. Die Gruppe, die wir verwendet haben, können wunderbar eine Kleinstadt andeuten. (zu Szene 13, Buford reitet in Gettysburg ein, das Lutheranische Seminar im Hintergrund) Hier haben wir ein Set mit einer Bretterfassade auf der Wiese. Es ist nur halb so groß wie der Original, aber durch die Perspektive wirkt es wie das echte, große Gebäude. Mir gefiel es, bei seiner tatsächlichen Größe.

CS) Die grundlegende Aufbaueinheit einer Armee des 19. Jahrhunderts, einer Bürgerkriegs-Armee, ist das Regiment. Es gibt eine Szene im Film, wo Joshua Lawrence Chamberlain zu den Meuterern des 2. Maine spricht und sagt, sie hätten mit tausend Mann begonnen und wären nun nur noch 250. Das war für eine Bürgerkriegsarmee im 2. oder 3. Kriegsjahr typisch. Tausend Mann ist die theoretische Ausgangsstärke eines Regiments, aber bei Gettysburg hatte fast kein Regiment mehr so viele Soldaten. Der Grund ist, dass es psychologisch einfacher ist, neue Männer in neu aufgestellte Regimenter zu rekrutieren als sie zum Ersatz in bestehende Einheiten einzufügen, die bereits einige Monate im Feld gewesen waren. Sie wären als Fremde angesehen worden und würden sich nur schwer einfügen können. Wir sehen diese Schwierigkeit bei den Männern des 2. Maine, wie schwer sie sich taten, das 20. Maine als ihre neue Einheit zu akzeptieren. Um den Bedarf an neuen Soldaten zu decken, wurden also generell neue Regimenter aufgestellt und nicht die bestehenden, ausgedünnten Einheiten aufgefüllt. Im Sommer 1863 hatte ein Regiment also vielleicht typischerweise zwischen 300 und 350 anstatt 1000 Mann, war aber immernoch die Grundeinheit.

Die Kavallerie konnte in Regimentern oder Brigaden operieren, was die nächst-größere Einheit ist, wenn mehrere Regimenter zusammengefasst wurden. Buford führte bei Gettysburg eine solche Kavallerie-Brigade. Etwa 2000 Mann ritten am Morgen des 30. Juni in Gettysburg ein.

(RM) (zu Szene 14, Buford legt seine Verteidigung der Stadt aus) Diese Szene, wo General Buford seine Kavallerie als abgesessene Verteidiger aufstellt, haben wir etwa 15 km westlich der tatsächlichen Stelle gedreht, weil dort heute seine Statue steht. Wir brauchten offenes Gelände ohne Straßen und Verkehr. Wir drehten auf einer privaten Farm und bauten dort die Chambersburg Pike-Straße für die ganze Anfangssequenz des Filmes nach. Mit Sam Elliot haben wir meiner Meinung nach einen Volltreffer in der Besetzung von Buford gemacht. Denn Buford ist ein Mann der Männer. Er hat als Soldat vor dem Krieg im Westen gekämpft und sein Handwerk in den Prärien gelernt. Das kommt im Film gut rüber, diese Art des professionellen Soldaten, der seinen Dienst mit hoher Professionalität und gewaltigem Mut verrichtet – wie so viele Bürgerkriegssoldaten –, und er würde keinen Schritt rückwärts machen außer wenn er darin einen taktischen Vorteil sieht. Er ist sehr bodenständig, sehr klug, und seine Aktionen am ersten Tag legen tatsächlich fest, wie sich die ganze Schlacht um ihn herum entwickeln sollte.

Ich wollte den Film "Killer Angels" nennen, nicht nur wegen seinem literarischen Pendant, sondern weil dieser Titel das ganze paradoxe des Krieges zusammenfasst, die ganze Bandbreite, dass all diese Männer gleichzeitig Engel und Mörder waren. Ted Turner wollte den Titel "Gettysburg", und darüber kann ich nicht mehr gut diskutieren, weil der Film mit diesem Titel zum Leben erwacht ist. Aber "Killer Angels" fast alle Charaktere darin zusammen. Alle diese Leute waren darauf vorbereitet, für ihr Land zu sterben, wobei die Konföderierten den Süden als ihr Land ansahen, genauer gesagt, ihre Staaten. Wenn sich Robert E. Lee in vielen seiner Nachrichten und Briefe auf sein Land bezieht, spricht er von Virginia. Das mutet uns heute 140 Jahre später seltsam an, aber für die Menschen jener Zeit war das durchaus normal.

(KO) (zu Szene 15, Buford mit seinen Offizieren) Dies ist eine interessante Einstellung mit Buford und seinen Männern. Ich denke, der Kommandeur, der so mutig ist und von seinen Männern geschätzt wird, kann nicht besser gezeigt werden als in einer Nahaufnahme mit diesen Gesichtern direkt hinter ihm. Das vermittelt einen Eindruck der Wirklichkeit. Ich bevorzuge Weitwinkelobjektive, weil sie gewaltige Tiefe und Breite liefern. Und ein starker Charakter wie dieser wirkt auf die Leute, zu denen er spricht, sodass man soviel von seinem Umfeld hinter ihm zeigen sollte wie möglich.

(CS) "Pickets" ist ein Wort aus dem Französischen, "piquet". Das sind Vorposten, eine Art Frühwarnsystem, falls sich der Feind nähert. Jeder musste der Reihe nach diesen Dienst nehmen, sodass es nicht als besonders gefährlich angesehen wurde. Häufig war der Soldat damit auf sich allein gestellt oder sie waren nur zu zweit, und sie lauschten und beobachteten sorgfältig, ob sich mitten in der Nacht jemand näherte. Der Begriff wird noch heute im Militär verwendet, selbst in der Marine. So werden vor einer Flotte Picket-Boote postiert, oder Pickets um ein Feldlager sollen die Annäherung des Feindes melden.

(zu Szene 16, Buford schreibt einen Lagebericht an Reynolds) Dies sollte die Dämmerung darstellen, also drehten wir es gegen Abend. Hier haben wir das echte Semimargebäude, von uns sorgfältig eingefangen, um die modernen Gebäude nicht zu zeigen. Ich habe mich dafür entschieden, und es hat recht gut funktioniert.

(RM) Wir hatten einen ziemlich engen Zeitplan. Ich glaube, wir hatten insgesamt 55 oder 60 Drehtage. Also hatten wir jeden Tag gut zu tun. Und wie man häufig sehen kann, mussten wir nicht nur die Darsteller herrichten. Viel Zeit erforderten die Statisten und die Pferde. Diese mussten zum Beispiel herangeführt und gefüttert werden, sie kamen ja nicht von alleine her. Also gab es jede Menge Transporter und viele Leute, die das alles bewerkstelligten.

(zu Szene 17, Lee und Longstreet besprechen im Lager, den Kampf an diesem Ort möglichst zu vermeiden) Das ist die erste Szene mit Martin Sheen. Ich erinnere mich gut. Es ist interessant, wenn man eine historische Sache wie diese macht, insbesondere umgeben von den Nachstellern, die sich der historischen Fakten so bewusst sind. Wenn man dann eine Figur wie General Lee darstellt, enthält das sehr viel Mythos. Und ich erinnere mich, dass wir angespannt waren bei dieser ersten Szene mit Lee, einer wichtigen Figur des Films und einer wichtige Figur in unserer Historie. Jedem der Nachsteller um ihn herum lief es kalt den Rücken hinab, denn dort war der Mann, den sie bislang nur von Bildern kannten, und nun sahen sie sozusagen seine lebende Verkörperung.

Ich kann sagen, dass es uns die Nachsteller allgemein leicht gemacht haben, weil man ihnen nur einmal sagen muss was wir von ihnen wollen. Sie begreifen es sofort und tun nichts was die Realitätsprüfung nicht bestehen würde, weil sie genau wissen was sie tun. Ja, sie sind wirklich sehr sehr gut.

In einer Dialog-Szene wie dieser lassen wir das ganze Lager zur Geltung kommen, sodass man beim Umhergehen der Figuren einen Eindruck bekommt, wie die Einhelt lagerte, wie sich die Kapelle benahm, wie die Zelte waren. Und darauf habe ich viel Sorgfalt verwendet, damit der Zuschauer hinterher den Eindruck mitnimmt, dabei gewesen zu sein, mitten darin.

(JM) Mein Name ist James McPherson. Ich unterrichte seit 35 Jahren an der Princeton-Universität. Mein Gebiet ist die Geschichte des 19. Jahrhunderts in Amerika mit dem Spezialgebiet über den Amerikanischen Bürgerkrieg, worüber ich auch eine Reihe von Büchern geschrieben habe. Das bekannteste meiner Bücher ist vielleicht "Battle Cry of Freedom – The Civil War Era". Der Gettysburg-Feldzug brachte eine interessante Umkehr der Aufklärungsüberlegenheit, die insbesondere in der ersten Hälfte des Krieges bei den Konföderierten lag. Weil die meisten Kämpfe im Süden stattfanden, so in Virginia, kämpfte die Südstaatler auf eigenem Boden, wo sie zuhause waren. Also hatten sie bessere Kenntnis über die Straßen und Wege, die Zivilisten erzählten ihnen wohin sich die Yankees bewegten, Spione arbeiteten viel besser im eigenen wie im fremden Gelände. Auch war die konföderierte Kavallerie seit Kriegsbeginn der wichtigste Informationsbeschaffer der Bürgerkriegsarmeen. Konföderierte Kavallerie war jener der Union zunächst überlegen. 1863 hatte die Union hier aber aufgeholt.

Als Lee nach Pennsylvania marschierte, operierte er natürlich im Feindesland, wo die Aufklärung viel schwieriger war, wogegen die Union dort zuhause war. Es gab dann noch eine Besonderheit in der Kavalleriearbeit bei Lee's Invasion nach Norden, indem Stuart mit den drei besten Kavalleriebrigaden der konföderierten Armee ausgeschickt wurde, die Unions-Armee zu umrunden, was ihn beinahe zwei Wochen den Kontakt zur übrigen konföderierten Armee in Pennsylvania verlieren ließ, weil sich die Unions-Armee zwischen dieser und Stuart befand. Während Stuart Überfälle nahe Washington – genauer gesagt Rockville, MD – unternahm, marschierten die Konföderierten durch das Shenandoah-Tal und überquerten dort den Potomac. Lee operierte in dieser Zeit für einige Tage quasi blind.

Hier leistete dagegen General John Buford und seine Kavallerie der Potomac-Armee einen wertvollen Dienst für die andere Seite, denn sie hatten tatsächlich genaue Informationen, wo die Konföderierten waren und wohin sie sich bewegten. Und Buford schickte diese Informationen zurück an General John Reynolds, der den einen Flügel der Unions-Armee kommandierte und der diese Erkenntnisse an Meade weiterleitete. Und so führte Buford's Aufklärung und seine Empfehlung zu der Erkenntnis, dass der beste Platz für eine Verteidigungsstellung die Hügel um Gettysburg waren. Dort wurde die Schlacht dann auch ausgetragen.

(CS) Für hundert oder mehr Jahre war die Waffe eines Infanteristen die an der Schulter abgefeuerte Muskete, die durch die Mündung geladen wurde. Man sieht im Film Soldaten, wie sie eine kleine Papiertüte aus der Patronentasche nehmen, mit den Zähnen aufreißen, Schwarzpulver daraus in die Mündung schütten, die Kugel hinterhergeben bis diese auf dem Schwarzpulver sitzt. Dann zerknüllen sie das Papier, geben es ebenfalls in die Mündung und drücken das alles mit dem Ladestock herunter. Dann ziehen sie den Hammer halb zurück, stecken eine kleine Zündkapsel auf den Stift unter dem Hammer - in dieser Messingkapsel befindet sich ein quecksilberhaltiges Formstück -, ziehen den Hammer ganz zurück und betätigen dem Abzug. Der Hammer trifft auf das Quecksilber, das das Schwarzpulver entzündet, und die Kugel fliegt aus der Mündung.

Kurz nach 1850 erfand ein Franzose namens Minie eine konische Kugel in zylindrischer Form mit hohlgeformter Unterseite, das leicht die Mündung hinabrutscht und auf dem Schwarzpulver sitzt, sodass schnell und einfach geladen werden konnte. Wenn aber das Schwarzpulver explodiert, dehnt sich die Kugel von der hohlgeformten Unterseite her aus, bis sie die spiralförmigen Züge des Laufes berührt und tritt deshalb mit einer Eigendrehung aus und erlaubt es, einen gezielten Schuss von zuvor 90 bis 110 auf nun 250 bis 300 Meter zu setzen.

Dies veränderte die gesamten Schlachtfeldtaktiken dramatisch. Jeder Offizier im Bürgerkrieg hatte gelernt, dass man bei Frontalangriffen in geschlossener Reihe auf die gegnerische Linie zumarschierte und erst bei etwa 50 bis 70 Metern ernsthafte Verluste erlitt, dann eine geschlossene Salve abfeuerte und gleich darauf mit gezücktem Bajonett anstürmte, bevor der Gegner die Zeit zum Nachladen hatte. Und diese Taktiken funktionierten - bis 1855. Im Bürgerkrieg kam es bereits bei 250 bis 300 Metern zu hohen Verlusten. Und wenn man diese Strecke in offenen Gelände überwinden wollte, auf einen Feind zu, der dreimal in der Minute laden und feuern konnte, musste man dutzende Salven einstecken bis man ihn erreicht hatte. Also waren Frontalangriffe sehr viel gefährlicher geworden.

Lee's hauptsächliche Absicht bei seinem Eindringen nach Pennsylvania war es, die Potomac-Armee in eine Entscheidungsschlacht zu zwingen. Deshalb hatte er die verschiedenen Divisionen seiner Armee über Teile von Pennsylvania verteilt. Jubal Early's Division war am Susquehanna-Fluss, Heth östlich von York, PA, Teile von Ewell's Division standen südlich von Harrisburg, und Lee wollte als weiteres Ziel die Eisenbahnbrücke über den Susquehanna-Fluss bei Harrisburg niederbrennen. Deshalb glaube ich, dass Heth's Vorstoß nach Gettysburg auch ein Teil des Versuches war, die Potomac-Armee zu finden, festzuhalten und in einen Kampf zu verwickeln.

(KO) Unsere Arbeit wurde wirklich umfangreich, als ich in den Vorführraum ging und die großen, spektakulären Szenen anschaute, die Zusammenschnitte, die Action-Szenen. Was konnten wir bringen, was nicht? Denn auch bei Zusammenschnitten gab es Dinge, die selbst die Meister manchmal nicht fertigbrachten. Und das Letzte was wir wollten war, das Rad neu zu erfinden. Im Bereich der Historienfilme wurden große Filme gemacht wurden, auch durchschnittliche, aber auch schlechte. Wir wollten nicht dieselben Fehler machen und uns nicht einbilden, neue Kamerabewegungen zu erfinden, wenn diese 20 oder 100 mal zuvor schon benutzt wurden. Das Beste ist hier, die wirklichen Meister des Fachs zu studieren, die Lehrmeister der aktuellen Filmemacher, Betron Tabernier, John Houston, sich "The Red Badge of Courage" anzusehen, und auch hier nicht einfach zu kopieren, sondern zu verinnerlichen, es in das eigene Fleisch und Blut übergehen zu lassen und somit ihre Erfahrung bei der Filmerei mit auf unseren Set zu nehmen.

(CS) Dieser Krieg fand ziemlich genau am Wendepunkt der technischen Entwicklung statt. Es gab bereits Telegraphie von einer Stadt zur anderen. Aber auf dem Schlachtfeld mussten sich die Kommandeure und Untergebenen auf andere Weise verständigen. Der General - oder häufiger ein Stabsoffizier - kritzelte Befehle auf ein Stück Papier, gab dieses einem Kurier - meist ein Stabshelfer, häufig ein Lieutenant oder ein Captain -, der damit zum Untergebenen galoppierte, dort anhielt und sagte, "Verehrung von General Lee," oder "Verehrung von General Meade, und hier sind Ihre Befehle, Sir."

Häufiger noch, besonders mitten in einer Schlacht, wenn das Aufschreiben von Befehlen wertvolle Sekunden kosten würde, wandte sich der General direkt an den Kurier und sagte, "Meine Verehrung an General so-und-so, sagen Sie ihm, seine Einheit soll sich nach rechts bewegen," oder was auch immer der Befehl sein würde. Der Kurier würde losreiten und diese Anweisungen überbringen. So kam es, dass ein Captain, ein 22 oder 23 Jahre junger Captain, noch feucht hinter den Ohren, vor einen Zwei-Sterne-General ritt und mit der Autorität des Armeekommandanten sprach: "Sir, General Lee's Verehrung. Er möchte, dass Sie dieses-und-jenes tun." Und diese Befehle waren bindend. "Ja, Sir," und dann ging es los.

(KO) (zu Szene 20, Buford steht erneut auf dem Ausguck auf dem Seminar) Dies ist eine zusammengesetzte Aufnahme. Dies war das echte Seminar, alles andere darum ist aber gemalt. Heute stehen hohe, moderne Gebäude darum. Es wäre unpassend, wenn man da draußen einen McDonalds sehen würde.

(CS) (zur gleichen Szene) Wir sehen Reynolds, wie er den Seminary Ridge hinaufreitet zu Buford, der auf dem Turm des Seminars steht, und wie er so reitet, sieht man hinter ihm diese große blaue Flagge, als ob sie ausrufen will, "Hier ist der General, hier ist das goldene Ziel für jeden konföderierten Scharfschützen". Das erscheint uns heute unverständlich. Aber man bedenke erneut, dass der Krieg auf den Wendepunkt vom Gentleman-Krieg des späten Mittelalters zum modernen Krieg des 20. Jahrhunderts lag. Und diese Dinge stammen noch aus der alten Tradition. Es war für Generäle nicht ungewöhnlich, dass sie durch einen Flaggenträger in seiner Nähe gekennzeichnet wurden. Dies hatte weniger mit Geltungsbedürfnis auf Seiten des Generals zu tun sondern hatte die Schlachtfeldfunktion, dass die Untergebenen wussten, wo sich der Kommandant befand.

Wenn die Nachrichtenübermittlung per Kurier erfolgte, ritt dieser Kurier über ein Schlachtfeld voller Rauch - das verwendete Schwarzpulver erzeugte große Mengen weißen Qualm -, es war voller Geräusche, es war laut, und den General unter diesen Umständen schnell zu finden war wirklich schwierig. Deshalb wurde ein Flaggenträger abgestellt, der sich stets nahe beim kommandierenden Offizier einer Brigade, einer Division, eines Corps oder auch der Armee aufhalten musste, um Untergebenen und besonders Kurieren anzuzeigen, wo sie ihn finden konnten. Deshalb ist es nicht ungewöhnlich, dass ein General von seinem Stabsoffizieren, seinem Stabschef und einem Flaggenträger umgeben ist, dessen Flagge anzeigt, "Hier kommt der General".

(JM) (zu Szene 21, Lee trifft Heth) Unter Historikern gibt es einige Diskussionen, ob die Nachfrage nach Schuhen wirklich der Grund gewesen ist, warum A.P. Hill's führende Division nach Gettysburg hineinmarschiert ist. Es ist durchaus möglich. Sicherlich gab es Gerüchte in der konföderierten Armee, dass in Gettysburg eine Ladung Schuhe vorhanden waren. Diese Gerüchte gab es wirklich. Tatsächlich war Jubal Early's Division aus Ewell's Corps etwa eine Woche zuvor auf ihrem Weg nach York, PA und den Susquehanna-Fluss durch Gettysburg gekommen, und die gelagerten Schuhe waren von ihnen mitgenommen worden. Trotz dieses Gerüchtes gab es also in Gettysburg keine Schuhe mehr. Es könnte aber der Grund sein, warum Heth nach Gettysburg vorstieß, auch wenn einige Historiker hierüber skeptisch sind.

Der Film und der zugrundeliegende Roman portraitieren drei Schlüsselbereiche der Schlacht von Gettysburg, je einen an jedem Tag der Schlacht. Am 1. Juli wird gezeigt, wie sich Buford entscheidet, mit zwei Kavallerie-Brigaden Stellung zu beziehen und die sich nähernde konföderierte Armee aufzuhalten, bis Unions-Infanterie eintrifft. Dies ist sehr dramatisch. Es ist entscheidend für die Tatsache, dass die Schlacht bei Gettysburg stattfand und dass die Unionsarmee beschloss, zu bleiben und zu kämpfen. Gettysburg war, was Historiker und Militär-Analysten ein Zufallsgefecht nennen. Vor dem 1. Juli hatte niemand geplant, bei Gettysburg zu kämpfen, und die Schlacht entstand gerade dort, weil Vorhut-Einheiten der konföderierten Armee (Heth's Infanterie-Division) auf Vorhut der Unions-Armee stieß (Buford's Kavallerie-Brigaden) und jede Seite Verstärkungen heranzog, was das anfängliche Scharmützel zu einer großen Schlacht anwachsen ließ. Entscheidend war der Entschluss, sich hier zu stellen und sich nicht herauszuziehen, zurückzuziehen und zum Hauptteil der Unionsarmee nach Maryland zurückzukehren. Buford's Entscheidung wurde durch General Reynolds gedeckt, der ihm von seinem Lager 15 km südlich jenseits der Grenze von Maryland die Nachricht sandte: "Wir kommen hinzu. Halten Sie bei Gettysburg aus solange Sie können." Dies wird im Film meiner Meinung nach sehr gut und sehr exakt wiedergegeben.

(CS) Als der Bürgerkrieg ausbrach, wurde in der Union ausgerufen: "Wir suchen Freiwillige, um eine Ansammlung von Einzelpersonen niederzudrücken, die für die örtlichen Ordnungskräfte zu mächtig sind." Also ströhmten die Männer zu den Fahnen. Im Süden rief man in gleicher Weise "Freiwillige, um uns vor der Invasion zu schützen". Die grundlegende Organisations-Verantwortung lag bei der Union. Alle diese Regimenter wurden durch die Zuordnung durch die einzelnen Staaten aufgestellt, das 20. Maine, das 16th Michigan, das 44. New York, nicht aber das 1. United States. Später gab es natürlich einige der ganzen Nation angehörende Einheiten, so z.B. auch bei Gettysburg das 1. U.S.-Scharfschützen-Regiment, einzelne Männer aus verschiedenen Staaten, die zusammengestellt wurden, weil sie Waffen mit großer Präzision auf große Entfernungen einsetzen konnten. Aber größtenteils organisierten die Staaten die Einheiten. Und die Staaten kleideten sie auch ein, bewaffneten sie und schickten sie an die Front.

Als diese Regimenter ursprünglich aufgestellt wurden, kamen die Männer oft zusammen und sagten: "Nun, passt auf, wir geben uns einen besonderen Namen. Wir werden nicht nur die 1. Minnesota sein, wir werden die Wildcat Rangers sein," oder ein anderer solcher ein Name. "Und wir werden blaue Uniformen mit roten Streifen und gelben Hüten haben." Und das war in Ordnung so. Denn wenn sie einmal mit Waffen ausgestattet und in Dienst gesetzt waren, nahm sie die nationale Regierung in Namen von Washington an und gab ihnen die Befehle für den Fronteinsatz.

(zu Szene 25, Reynolds wird erschossen) Eine interessante Szene ist während der Schlacht zu sehen, als Buford's Männer die Anhöhe verteidigen, Reynold's Männer ankommen, General Reynold erschossen wird und zu Boden fällt. Unter den Soldaten, die ihm zu Hilfe eilen, sind einige, die merkwürdige kleine Hüte tragen, wie kleine runde Eimer mit einem roten Punkt oben darauf. Dazu trugen sie rote Pluderhosen und kurze Jacken. Was sind das denn für welche? Das sind Zouaven-Uniformen. Die Zouaven waren französische Elitesoldaten, die in Nordafrika kämpften und sich im Jahrzehnt vor dem Bürgerkrieg den Ruf besonders harter Kämpfer erworben hatten. Als also einige dieser Bürgerkriegs-Regimenter aufgestellt wurden, vereinbarten sie: "Lasst uns eine Zouaven-Einheit sein, wir werden rote Pluderhosen, gelbe Hemden, blaue Jacken und einen Fez tragen." Und so verrückt sich das heute anhören mag, seinerzeit war es nicht ungewöhnlich - insbesonder 1861, etwas weniger 1863, und auch bei Gettysburg waren mehrere Zouaven-Regimenter beteiligt, insbesondere auf Seiten der Union.

Nach dem Bürgerkrieg gab es etwa ein halbes Dutzend Männer, von denen jeder behauptete, er wäre der Mann gewesen, der General Reynolds erschossen hat. Man könnte ein ganzes Buch darüber schreiben. Einer sagte, er hätte von McPherson's Scheune aus geschossen. Ein anderer erzählte, er wäre auf einem Baum im Herb's-Wald gewesen, also dem McPherson's-Wald. Keine dieser Behauptungen kann nachgeprüft werden, sodass es bei den Behauptungen bleibt. Die meisten Gelehrten gehen heute davon aus, dass es tatsächlich ein zu hoch angesetzter Schuss aus dem Infanterie-Kampf war, der gleichzeitig im Herb's-Wald stattfand, der manchmal McPherson's-Wald auf McPherson's Ridge genannt wird. Es ist zwar möglich, dass Reynolds von einem Scharfschützen erschossen wurde, aber ich denke, die meisten Fachleute sind der Meinung, dass es einfach ein Fehlschuss war.

(JM) Lee's Erfolg am ersten Tag war zum Teil das Ergebnis seiner Fähigkeit zur Improvisation, aber ich denke, es war größtenteils einfach Glück auf Seiten der Konföderierten. Am Morgen des 29. Juni, als Lee von Longstreet's Spion Harrison erfuhr, dass sich die Unions-Armee direkt vor der Grenze zu Pennsylvania befand, schickte er Kuriere zu den Teilen seiner Armee, die sich östlich von Harrisburg und östlich von York befanden, und befahl ihnen: "Sammelt Euch bei Cashtown…" - im Tal der South Mountain - "…oder Gettysburg so schnell es geht."

Und ein Blick auf die Karte verrät, warum Gettysburg zum Konzentrationspunkt für die konföderierte und teilweise auch für die Unions-Armee wurde, denn die Stadt mit damals etwa 2.500 Einwohnern liegt im Zentrum eines Spinnennetzes aus Straßen. In die Stadt führen Straßen aus buchstäblich allen Richtungen auf dem Kompass, zusammen etwa ein Dutzend. Hier also können sich Armeen ziemlich rasch sammeln. Also hatten die Konföderierten das Glück des vorhandenen Straßensystems, wodurch sie vor Ort in Überzahl waren. Am ersten Tag hatten die Konföderierten etwa 29.000 Mann am Schauplatz, und die Unionsarmee zählte etwa 20 bis 25.000 Männer, die rechtzeitig für den Kampf angekommen waren.

(zu Szene 27, Lee gibt Befehle, den Druck auf den Feind beizubehalten) Lee improvisierte, und er wollte den Angriff fortführen. Gegen vier oder fünf Uhr nachmittags, als die Konföderierten auf beiden Flanken durchgebrochen waren, gab Lee bedingte Befehle an Ewell, den Angriff fortzuführen und die Verteidigungspositionen der Union auf Cemetery Hill einzunehmen. Die Befehle waren aber nicht absolut, und Ewell beschloss, diesen Entscheidungsspielraum zu nutzen und nicht anzugreifen. Und natürlich war dies aus Sicht der Konföderierten einer der kontroversesten Entscheidungen der Schlacht.

Ewell's Unentschiedenheit, sein Zögern, und Lee's Unzufriedenheit mit Ewell wird im Film ziemlich gut dargestellt. So in der Szene mit Isaac Trimble, der sagt: "Ich sagte dem Mann, geben Sie mir eine Division, und ich nehme den Hügel. Geben Sie mir eine Brigade. Geben Sie mir ein Regiment," und er wirft seinen Hut zu Boden. Ob dies tatsächlich so geschah, ist schwer zu sagen. Wir haben Trimble's Bericht davon, und irgendetwas in dieser Art könnte vorgekommen sein.

Am Ende des ersten Tages, nach dem Versagen der Konfoderierten, ihrem Sieg einen letzten Angriff folgen zu lassen, ist die Ungewissheit besonders dramatisch, ob ein solcher Angriff erfolgreich gewesen wäre. Ich denke, wenn Jackson noch am Leben und im Kommando über dieses Corps gewesen wäre, er hätte es versucht. Aber es gibt keine Gewissheit, dass er es geschafft hätte.

(CS) Es gibt keinen öfter diskutierten Aspekt in der Schlacht von Gettysburg als die Konfrontation zwischen Lee und Longstreet über die gesamte Frage, was am zweiten und dritten Tag getan werden sollte. Als Michael Shaara den Roman "The Killer Angels" schrieb, auf dem der Film beruht - einer der besten Bürgerkriegs-Romane, vielleicht der beste Bürgerkriegs-Roman überhaupt -, stützte er sich unter anderem stark auf Longstreet's Memoiren. Und Lee hatte nie Memoiren geschrieben - vielleicht zu seinem Vorteil. Als der Krieg vorüber war, sagte Lee: "Genug ist genug. Ich will nicht darüber diskutieren, und ich will sicherlich nicht darüber schreiben." Lee lebte nur noch fünf Jahre und starb 1870 als Präsident der damaligen Washington-Universität, heute Washington & Lee.

Longstreet aber erreichte ein gesegnetes Alter und tat einige Dinge, die den Unmut seiner Südstaaten-Landsleute hervorrief. Er wurde ein Republikaner - heute würden man das einen Wendehals nennen - und wandte sich tatsächlich im Namen der republikanischen Regierung von Grant gegen einige Staatsrechts-Bewegungen in Louisiana. Und schlimmer noch in den Augen der meisten Südstaatler, in seinen Nachkriegs-Schriften kritisierte er Lee. Er stellte heraus, dass er glaubte, Gettysburg ging durch den strategischen und taktischen Fehler von Lee verloren, Longstreet's Rat nicht angenommen zu haben. Man kann beliebig mit Bürgerkriegs-Fachleuten diskutieren, ob Longstreet Recht hatte oder nicht. Ich glaube, dass die meisten Experten zu der Ansicht gekommen sind, dass in Longstreet's Alternative mindestens ebenso viele Risiken enthalten waren wie in Lee's Vorgehen.

Aus Lee's Blickwinkel hatte er die Unions-Armee in einer Zufallsschlacht vor sich. Sie sprachen darüber, in befestigten Stellungen zu sein, aber tatsächlich war keine Armee hier wirklich eingegraben. Die Unions-Armee nutzte eine bereits vorhandene niedrige Steinmauer, und türmte auf Culps Hill Baumstämme auf, das stimmt soweit. Aber generell waren diese Armeen nicht befestigt. Grabenkämpfe gab es im Bürgerkrieg im Grunde erst ab 1864.

Lee stand vor einem Gegner, der zahlenmäßig etwa gleich groß war. Die Konföderation hatte es in der Regel mit starker Übermacht gegen sich zu tun. Bei Chancellorsville war Lee nur halb so stark und gewann dennoch, indem er in die Verteidigung ging und hieraus mutige und unerwartete Offensivzüge unternahm. Hier fand er die Gelegenheit im Norden, die er gesucht hatte. Der Feind näherte sich Stück für Stück, er war nicht eingegraben, und er war etwa gleich stark. Wann würde er jemals noch eine solche Gelegenheit bekommen wie hier? Für Lee war es sehr klar, dass er die Chance vorantreiben musste, die vor ihm lag.

(JM) Der zweite große Teil der Schlacht, der dargestellt wird, ist der Angriff durch Longstreet's Corps am Nachmittag des zweiten Tages, unterstützt durch eine Division aus Hill's Corps, am südlichen Ende der Unions-Verteidigungslinie, dem südlichen Ende des Cemetery Ridge beim Little Round Top. Und hierbei ist die Schlüsselszene die im Film dargestellte Verteidigung der linken Flanke der Unions-Armee am Little Round Top durch das 20. Maine-Regiment. Dies war entscheidend für die Schlacht, und es wird als entscheidend im Film gezeigt, und auch hier denke ich, dass dies präzise und brilliant gelungen ist. Ich halte das für den besten Teil des Films.

Ich denke, es wurde deutlich umgesetzt, wie kritisch der Kampf der Unions-Armee am Little Round Top war, zu verhindern dass die Konföderierten ihre linke Flanke aufrollten. Little Round Top war entscheidend für die Schlacht, und es ist eine gute Wahl, dieses Teilgeschehen herauszugreifen und damit den Fehlschlag der Konföderierten insgesamt darzustellen, am zweiten Tag der Schlacht irgendeinen Durchbruch oder irgendeine erfolgreiche Ausflankung zu erzielen.

(CS) Gettysburg war dennoch ein Zufallsgefecht. Beide Armeen kamen aufeinander zu, eine von Süden und die andere von Norden und Westen. Und eine Ironie - eine der vielen ironischen Fakten von Gettysburg - war, dass die Armee des Südens von Norden herunterkam und die Armee des Nordens von Süden heraufmarschierte. Als sie sich beide der Stadt näherten, war die Konfrontation Norden gegen Süden. Als Lee nun versuchte, seinen Feind auszuflanken - wie immer Lee's Taktik, wenn er in der Offensive war -, wollte er seinen Feind umgehen und ihn auf der Rückseite der Flanke angreifen. Und dies hatte er für Longstreet geplant, der im Schutz der Bäume südwärts gehen, hinter der Emmitsburg Road auftauchen, über die beiden höheren Hügel - manchmal Shugar Loaf genannt, heute bekannter als Big und Little Round Top - stürmen und die Unions-Armee von Süden nach Norden an ihrer Flanke und ihrem Rücken angreifen sollte.

Als Longstreet diesen Befehl umsetzte, war es 4 Uhr nachmittags, obwohl er seine letzten Befehle bereits gegen 11 Uhr erhalten hatte. Auch hier war eines der Probleme die Zeit, die Longstreet zur Kommunikaion benötigte, indem er auf dem Feld auf- und abritt. In der Zeit zwischen Lee's Entwurf und der Ausführung hatten sich aber die Bedingungen geändert. So versuchte Longstreet, von Süden her die Linie über den Little Round Top aufzurollen. Als Lee den Befehl für diesen Angriff gab, waren Big und Little Round Top unbesetzt, und das bis zum frühen Nachmittag. Nur ein Unions-Signalteam befand sich dort und schwenkte Signalflaggen.

(KO) Wir konnten nicht alles im Schlachtfeld-Park drehen, weil dort Anfang der 1960er ein riesiger Beobachtungsturm errichtet worden war, der uns insbesondere bei Rundblicken zu sehen gewesen wäre. Wir hätten die Kamera nicht wie gewünscht einsetzen können. Auch auf Little Round Top ist das Drehen nahezu unmöglich, weil der Hügel mit Denkmälern übersäht ist. Also mussten wir eine Stelle in den umliegenden Wäldern suchen, die dem Little Round Top ähnelte. Und da wir uns in der gleichen geologischen und topografischen Region bewegten, fanden wir ein brauchbares Gelände etwa 6 km weiter westlich vom Nationalen Militärpark. Ein wenig westlich vom Eisenhower Nationaldenkmal auf dem privaten Gelände einer Farm konnten wir einen Hügel mit gleicher Steigung finden, mit gleichem Baumbestand und gleichen Steinformationen, die nahezu identische Position wie jene der 20. Maine am zweiten Tages der Schlacht von Gettysburg.

(CS) Eine der faszinierendsten Dinge dieses gesamten Krieges ist die Entschlossenheit von Amateuren, gegen Amateure zu kämpfen. Zwangsläufig nahmen West Point-Absolventen auf beiden Seiten die Mehrzahl der Kommandeursposten ein. Es gab zwar auf beiden Seiten Generalmajore, die nicht in West Point ausgebildet worden waren, aber diese waren relativ selten. West Point-Absolventen erhielten Befehlsgewalt. Aber wenn man von den Generalmajoren nach unten geht, waren der Großteil der Brigadegenerale und sicherlich fast alle Colonels der Regimenter Leute, die in die Armee kamen und das Handwerk dort im Einsatz erlernten. Ich denke, Michael Shaara war in seinem Roman "The Killer Angels" sehr klug, Joshua Lawrence Chamberlain als Beispiel für einen solchen Bürgersoldaten auszuwählen. Es war ein College-Professor, er hatte weder eine militärische Ausbildung noch Interesse am Militär, aber er lernte rasch. Und er kam bei seinen Männern gut an, was zu Beginn des Films deutlich wird, als er zu den Meuterern des 2. Maine spricht als ein Mann, der gut kommunizieren kann. Ich meine, als Professor für Rhetorik am Bowdoin College sollte er ein guter Komminukator sein. Und das Schicksal wollte es, dass er an eine der kritischen Stellen des Schlachtfeldes postiert wurde, wo seine Charakterzüge und seine natürliche Führungskraft als Bürgersoldat zeigen konnten, was sie wert waren.

(RM) Auf dem Set waren ständig Historiker unter uns. Einige Historiker bewerteten das Drehbuch lange bevor wir zum Set gingen, und auch am Drehort waren sie dabei, unter der Leitung von Brian Brohanka. Und wenn er einmal nicht weiter wusste, griff er schnell zum Telefon, um die Antwort zu bekommen. Sie halfen uns, und sie arbeiteten nicht nur mit mir, sondern auch mit den Kostüm- und Bühnenbildnern. So konnten die Drehorte richtig gestaltet werden. Die Arbeit der Bühnenbildner beschränkte sich hier nicht auf Häuserfassaden, sondern in Gettysburg mussten sie das tatsächlich vorhandene Terrain ausgestalten, wie die kleinen Befestigungen der 20. Maine, oder die Nachempfindung der Steinmauer am Bloody Angle für Pickett's Charge, oder den Nachbau des Zaunes entlang der Emmitsburg Road. Mit enormem Arbeitseinsatz bauten wir den Zaun in der damals typischen Form aus Holmen und Ständern nach und brachten unzähliche Lastwagen-Ladungen Dreck aus, weil es damals nur Staubstraßen und keinen Asphalt gab.

(CS) Das Zurückhalten von Soldaten als Reserve für den Notfall, entweder um eine sich ergebende Chance ausnutzen zu können oder um ein Loch in der eigenen Linie im Falle eines Durchbruches zu schließen, war ein Problem, mit dem sich die verschiedenen Ebenen befassen mussten. Der Armee-Kommandeur hätte in seinem Fall versucht, eine Armee-Reserve zu behalten, vielleicht eine Division, in Meade's Fall auch ein volles Corps. So spielte das VI Corps in dieser Schlacht zumeist die Rolle der Reserve.

Aber selbst an der Frontlinie, selbst bis hinab auf Regiments-Ebene, wird ein Offizier von seinen zehn Regimentern eines oder zwei als Reserve halten. Joshua Lawrence Chamberlain tat dies auf Little Round Top mit Kompanie B, indem er damit theoretisch ein Zehntel seiner Kräfte auf die extreme linke Flanke postierte, quasi als Wachposten, um ihn wissen zu lassen, wenn der Gegner versuchte, diese zu umgehen. Eine weitere Kompanie hätte er vielleicht noch in Reserve gehalten, um auf einen Durchbruch oder eine Gelegenheit reagieren zu können.

So versuchten Offiziere in allen Ebenen - dem Regiment, der Brigade, der Division, dem Corps und auch der Armee -, wenn möglich einen Teil in Reserve zu halten. Als Chamberlain dann als letzte Möglichkeit in die Offensive ging, hätte er wohl seine Reserve eingesetzt. Aber sie waren bereits in Linie aufgestellt, es blieb ihnen nichts anderes übrig, ihre Munition war verbraucht, und es gab viele Vewundete. Er hatte keine weiteren Reserven, deshalb traf er die verzweifelte Entscheidung, die zum Gegenangriff führte.

(KO) Dann mussten wir am Set all die Dinge beachten, die nicht zu den großen historischen Fakten gehörten, sondern eher zum Protokoll: wer salutiert zu wem, die Kommandofolge; wer soll einen Hut tragen und wer nicht, ob im Zelt, ob in Gegenwart von Zivilisten; wie werden Befehle übermittelt; wie werden Meldungen übermittelt; wie steigen die Leute auf Pferde auf und ab; auf welcher Seite tragen sie die Säbel. Es gab endlose Kleinigkeiten, die ständig beachtet werden mussten.

(zu Szene 43, das 20. Maine postiert sich auf Little Round Top) Ein interessanter Fakt dieser Lokation ist - und war es auch damals -, dass er von all dem Geschehen so abgeschieden ist, so ruhig, fast wie eine kleine Insel. Man hat das Gefühl, die Bäume schirmen einen von dem offenen Feld ab, wo Menschen abgeschlachtet und getötet werden. Die Kameradschaft hier ist großartig, fast belustigt, und keiner erwartet hier, in das Geschehen eingreifen zu müssen, weil sie glauben, man hätte sie auf einen weit entfernten Platz fortgeschickt, den niemand erreichen würde. Aber es geschah doch. Also wollte ich auch hier durch die Dreharbeiten eine Gruppe Männer zeigen, einen Teil der Gruppe, nicht viele. Ich weiß nicht, wie viele es in Wirklichkeit gewesen sind, aber in unserem Film sind es nur etwa 75 bis 100 Leute. Aber zu jener Zeit war das Regiment ja auch klein.

(CS) (zu Szene 43, Chamberlain postiert die Männer für den ersten konföderierten Angriff) Die Umstände auf einem Schlachtfeld kann man als "organisiertes Chaos" beschreiben. Es ist laut, man kann schlecht sehen, überall sind Menschen, Rauch wallt den Hügel hinauf, die Detomationen schmerzen in den Ohren, auf allen Seiten fallen Männer. Man erinnert sich an seine Ausbildung und geht in den eingeübten Ablauf von Laden und Schießen über. Man gibt die Kugel hinein, nimmt den Ladestock und drückt ihn hinunter, zieht dann den Hahn zurück, steckt die Zündkapsel auf und drückt dann ab. Aber vielleicht hat vergessen, den Hahn ganz zu ziehen, und das Gewehr feuert nicht ab. Oder man hat vielleicht die Zündkapsel vergessen. Aus welchem Grund auch immer, man kann nicht hören, dass der Schuss nicht losging. Der Lärmpegel ist so hoch, es wurden tausende von Waffen abgefeuert. Also drückt man den Abzug und nimmt an, dass man geschossen hat. Dann nimmt man das Gewehr schnell hoch und lädt es erneut, wobei man eine weitere Ladung oben drauf gibt, und dann eine weitere, und noch eine mehr. Und so kam es gelegentlich vor, dass Musketen buchstäblich bis zur Mündung mit Ladungen aufgefüllt waren. Es war nicht dass diese Männer nicht feuern wollten, sondern mitten in diesem unglaublichen Chaos hatten sie nicht feststellen können, dass die erste Ladung nicht losgegangen war, und sie gaben einfach weitere Ladungen oben drauf.

(KO) In der Szene auf Little Round Top, als die Kamera an den Yankees vorbeifährt, wie sie den Hügel hinab auf die Konföderierten schießen, wird man bemerken, dass die Musketen direkt in die Kameralinse schießen. Die Linse war durch eine Plexiglasscheibe geschützt, denn auf diese Entfernung wären selbst die benutzten Platzpatronen für den Kamerabediener gefährlich geworden. Und für diesen speziellen Effekt wurde die Kamera auf einem Wagen vor den schießenden Musketen entlang gezogen.

Nun, aus der Sicht der Kamera war es meiner Meinung nach sehr wichtig, das Gefühl für diesen kleinen Hügel - und es war wirklich nur ein kleiner Hügel, den sie zu nehmen hatten - und für die wiederholte Bewegung in diesen Angriffen, für den Kampf bergauf zu erzeugen. Also überlegte ich mir schon frühzeitig, dass ich die gesamte Schlacht von einer bewegten Kamera aus filmen wollte, die den Hügel hinauf und hinab geht, wenn sich die Soldaten hinaufbewegten, also wie ein Mitläufer oder Gegenläufer der Bewegungen der Angreifer. Gleichzeitig sollte sie sich hinter den Linien der Nordstaaten-Verteidigern bewegen.

Von hinter den Linien kann man auch einige der Dramen sehen, die sich um die Frage entwickeln, ob sie es schaffen werden oder nicht. So denke ich, es ist ein klassisches Beispiel, wo Bewegungen zum dritten Charakter in der Interpretation eines Filmabschnitts werden. Dies war aber erst nur die Theorie.

Dann ging ich zu einem der besten Techniker und sagte ihm, was ich tun wollte. Ich wollte drei Tage lang den Hügel hinauf- und hinabfahren. Er sah mich an und sagte, er habe mich verstanden. Ich sagte, ich müsse einen Weg finden, das umzusetzen. Ein Kamerawagen und zwei Menschen darauf wiegt etwa 300 bis 350 Kilo. So kam er mit einer sehr interessanten Lösung zu mir, einem sogenannten Pendelwagen. Er baute zwei Schienenwege, einen mit dem richtigen Kamerawagen und den Menschen darauf, und auf dem anderen Wagen befanden sich nur Menschen als Gegengewicht, und verbunden waren sie mit einem Seil und einer Rolle. So wurden wir in der Steigung quasi schwerelos.

Damit konnten wir es machen. Drei Tage lang fuhren wir mit unserem schwerelosen Wagen den Hügel hinauf und hinab. Zwar wechselten die Teams trotzdem jede Stunde, die den Wagen rauf und runter schoben, aber es war eine schier endlose Geschichte, mit oder gegen die Menschen auf dem Hügel herum zu fahren. So wurde diese interessante kleine Konstruktion zum Kernstück unserer ganzen Arbeit beim Dreh der Schlacht am Little Round Top.

(JM) (zu Szene 41, Chamberlain positioniert seine Männer nach dem zweiten Angriff neu) In einem meiner neueren Bücher mit dem Titel "Für die Sache und die Kameradschaft - Warum Männer im Bürgerkrieg kämpften", einer Erläuterung ihrer Motive und ihrer Reaktionen auf den Druck und den Stress im Kampf, unterscheide ich nach der von mir so bezeichneten Anfangsmotivation, Gesinnungsmotivation und der Schlachtmotivation. Anfangsmotivation ist der Grund, warum Männer zur Armee gingen. Die meisten Soldaten des Bürgerkrieges waren Freiwillige. Viele strömten zu Beginn des Krieges 1861 zu den Rekrutierungs-Offizieren, teilweise als Aufwallen einer Empörung, dass der Feind angegriffen hat - die Franzosen nennen das "rage militair".

Gesinnungsmotivation ist meiner Meinung nach eine sehr tiefe, ideologische Überzeugung, eine Lebensart, ein politisches System, eine Idee von Freiheit zu verteidigen - letzteres wurde auf beiden Seiten benutzt. Die Konföderierten sagten, sie kämpften um Selbstbestimmung und Freiheit von der tyrannischen Regierung in Washington, die ihre Interessen nicht vertrat. Und Soldaten des Nordens sagten, sie kämpften für den Beibehalt der Regierung auf Basis der Freiheits-Carta, der Unabhängigkeitserklärung und der Verfassung. Keine Seite meinte zu Beginn, für die Freiheit der Sklaven zu kämpfen, doch mit Fortgang des Krieges fügte der Norden die Abschaffung der Sklaverei als Kriegsziel dem Fortbestand der Union hinzu.

Schlachtmotivation war meiner Meinung nach im Bürgerkrieg gleich wie in allen Kriegen: Solidarität mit den Kameraden; Überzeugung, sie nicht im Stich zu lassen; persönliche Ehre - man wollte in den Augen der Freunde nicht als Feigling erscheinen -; und im Falle der Bürgerkriegs-Regimenter oder -Kompanien, die aus Männern der selben Gegend oder des gleichen Landkreises bestanden, wollten sie auch zuhause nicht als Feiglinge oder Drückeberger bekannt werden.

(CS) Nach jeder Schlacht im Bürgerkrieg war die gewaltige Zahl an Verwundeten und Toten erschütternd. Auf jeden getöteten Soldaten kamen zwei, drei, vier oder fünf Verwundete. Und die Wunden waren fürchterlich. Eine der Folgen in der Verwendung von Minie-Kugeln - also jenem Geschoss aus der Erfindung des Franzosen Minie, das sich beim Abschuss ausdenht und in die Züge des Gewehrlaufes eingreift, um damit deutlich höhere Reichweiten zu erzielen - war, dass die Kugel aus weichem Blei gegossen wurde, um sich dehnen zu können. Und wenn diese nun auf einen menschlichen Körper traf, hatte dies den gleichen Effekt wie bei einem modernen Dum-Dum-Geschoss: sie dehnte sich aus. Wenn eine Minie-Kugel, mit Kaliber 14,7 mm wahrlich eine große Kugel, einen Knochen trifft, dann bricht dieser nicht, sondern er zerfetzt, sodass ein Feldarzt, der jemand mit einer Schusswunde in Arm oder Bein versorgen muss, häufig keine Möglichkeit hatte als zu amputieren.

Es gibt eine Tendenz moderner Menschen, auf den Amerikanischen Bürgerkrieg zurückzublicken und zu sagen: "Nun, die medizifische Wissenschaft war Mitte des 19. Jahrhunderts nicht weit fortgeschritten." Dies ist wohl wahr. Die Haltbarmachung von Lebensmitteln war gerade erst von Louis Pasteur entdeckt worden, und Krankheiten waren dennoch die größte Todesursache im Bürgerkrieg, größer als Gewehrkugeln. Aber die Feldärzte waren nicht die Metzger, für die sie oft angesehen wurden. Die Berge abgeschnittener Arme und Beine vor dem Ambulanzzelt entstanden nicht, weil der Mediziner nur eine Therapie für alle Wunden kannte, und zwar die Amputation, sondern die Minie-Kugel zerstörte menschliche Knochen derart, dass Amputation oft die einzige Möglichkeit war, die der Feldarzt zur Verfügung hatte.

(JM) Im Roman "The Killer Angels" und dem Film "Gettysburg" sprechen verschiedene Personen für die unterschiedlichen Sichtweisen beider Seiten. Auf der Unions-Seite spricht Colonel Joshua Lawrence Chamberlain von der 20. Maine über ideologische Verpflichtungen zur Freiheit und Einheit und das dafür die Vereinigten Staaten stehen würden. Die Figur Buster Kilrain benennt Abneigung gegen die Aristokratie, die er im Süden regieren sieht, und die auf Leute herabsehen würde, welche nicht Teil davon sind. Chamberlain ist meiner Meinung nach auch Fürsprecher der Freilassung der Sklaven als nobles Kriegsziel, das sich der Norden zur Zeit von Gettysburg 1863 bereits auf die Fahnen geschrieben hatte. - Lincoln sagte in seiner Gettysburg Address vier Monate nach der Schlacht, "eine Wiedergeburt der Freiheit" zusammen mit dem Kampf für die Vereinigten Staaten, "soll nicht von der Erde verschwinden."

Im Falle des Südens gibt es mehrere Personen, die ihre Überzeugungen und Gründe zu kämpfen ausdrücken. In einer Szene des Romans und des Films zeichnet Pickett eine Analogie mit einem Herrenclub auf. Wenn man den Club verlassen möchte, weil man nicht mehr länger mit den Leuten zurecht kommt, die diesen Club führen, kann einem dies nicht verweigert werden. James Kemper, ein Brigade-Kommandeur in Pickett's Division, sagt, der Süden kämpfe für Selbstregierung, für das Recht, seine eigene Regierung zu formen.

Auf beiden Seiten gab es Profis. John Buford bei der Union, Longstreet bei den Konföderierten, die kämpften, weil sie Berufssoldaten waren. Sie waren zum Kampf ausgebildet worden. Sie hatten ihre Seite gewählt. Sie kämpften überwiegend für die Region, aus der sie stammten. In Buford's Fall kämpft er für die Armee, in der er ausgebildet wurde und seine Laufbahn hatte. Longstreet hatte dies natürlich in derselben Armee, aber er kam aus dem Süden, und als sein Staat abfiel, als dann auch Robert E. Lee's Staat abfiel, gingen sie mit ihren Staaten mit, mit ihrer jeweiligen Region. Aber sie kämpften als Berufssoldaten.

(KO) Wir hatten in manchen Szenen viel Qualm, teilweise von echten Detonationen... nun, es sind keine echten Detonationen, aber immerhin Film-Detonationen. Aber wir erzeugten auch viel künstlichen Rauch, denn wenn eine Schlacht wie diese entsteht, wird es wirklich rauchig und neblig. Um eine Schlacht in einem kleinen Gebiet zu machen, muss das getan werden, ich meine, ein kleines Gebiet im großen Umfeld. Das strategische Umfeld ist von einiger Bedeutung, und das muss mit allen verfügbaren Mitteln visuell hervorgehoben werden. Und hieraus ist im Grunde die Idee entstanden, den Hügel in dieser Szene ständig hinauf und herunter zu fahren. Manchmal fährt man gegen die Gruppe, manchmal geht man mit einer Person mit. Wenn man sich gegen sie bewegt, erzeugt man ein Gefühl der Verlorenheit für diese Leute. Wenn man sich mit ihnen bewegt, scheinen sie zu gewinnen. Und in dieser Szene ging es hauptsächlich um Eines: wir sind beinahe dort, und dann werden wir zurückgeschlagen, und wir sind wieder beinahe dort und werden erneut abgewehrt.

(CS) Die Einführung der Gewehre mit gezogenem Lauf, mit denen nun Infanterie-Reihen schnell und über große Distanzen schießen konnten, hatte offensichtlich gewaltige Auswirkungen auf die Taktiken. Lange Zeit nahmen Kritiker an, dass die Generäle im Amerikanischen Bürgerkrieg diese nach Einführung dieses Gewehrs lange Zeit nicht angepasst hatten, und sie sagten: "Na sowas, sie wenden Taktiken aus der naopleonischen Zeit an, sie marschieren noch immer in geschlossenen Reihen auf die geegnerischen Kräfte vor."

Es stimmte nicht, dass die Generäle die Wandlung nicht verstanden. Sie wussten, dass die beste Antwort auf gezogene Gewehre war, mit denen eine gegnerische Position verteidigt wurde, nicht frontal anzugreifen sondern an der Flanke, zu dieser Flanke zu gehen, und die eigenen Kräfte in eine Aufstellung zu bringen mit der sie die gegnerische Linie aufrollen konnten. Wenn man rechts oder links angreift anstatt frontal, erleidet man zu Beginn deutlich weniger Verluste und man kann den Feind an seiner schwächsten Stelle treffen. Und den Gegner auszuflanken war in den meisten Bürgerkriegs-Schlachten beinahe immer das taktische Ziel der offensiven Armee.

Aber die Verteidiger wussten dies auch. Also war die typische Antwort auf ein Flankenmanöver das, was wir Chamberlain seinen Untergebenen auf dem Little Round Top befehlen hören, und das wird "Absichern der Flanke" (re-fuse the flank) genannt. Hierbei wird die eigene Rechte oder Linke entgegengesetzt der generellen Linie zurückgenommen, sodass der flankende Gegner auf eine weitere Verteidigungslinie trifft. Wenn man also den Feind sich um die eigene Flanke bewegen sieht und diese abgesichert wird, befinden sich die Verteidiger bei Kampfbeginn zumeist in einer gebogenen Linie. Gettysburg ist bekannt dafür, die gesamte große Unions-Linie in der Form eines Fischhakens zu sehen, also im Halbkreis. Dies aber war für die verteidigende Armee relativ typisch, denn bei der Flankenabsicherung neigten sie dazu, in eine gebogene Position zurückzuweichen.

(zu Szene 43, Chamberlain und Ellis starten den Bayonett-Angriff) Chamberlain war ein ausdrucksstarker Redner und ein fähiger Schriftsteller. Nun, er hinterließ uns viele Beschreibungen, was am Little Round Top geschehen war. Und über die Jahre, wie diese gedruckt wurden, wurde Chamberlain's eigene Rolle in der Verteidigung des Hügels mit jedem Mal ein wenig anders und ein wenig größer. Wenn man Chamberlain's Memoiren mit jenen der Offiziere vergleicht, die in der 20. Maine gedient hatten, wird es wahrscheinlich, dass der Angriff der 20. Maine den Little Round Top hinunter teilweise eine Antwort auf Chamberlain's Zwangslage war, dass er nicht verteidigen konnte, dass er nicht zurückweichen konnte, und dass ihm deshalb nur noch die Möglichkeit eines Angriffs blieb. Aber es war auch eine Reaktion auf die Umstände, die jedem Offizier und wohl auch jedem Mann der 20. Maine bewusst waren.

Major Ellis, der den Angriff befehligte - er hatte das drehende Tor, dass den Little Round Top hinabstürmen sollte, unter seinem Kommando - schrieb später, er hätte von Chamberlain nie den Befehl für einen drehenden Angriff den Hügel hinab erhalten, sondern er hätte Chamberlain "Bajonette!!" brüllen hören - wie wir es im Film sehen -, und dass nun jeder Mann in der Einheit wusste, was dies bedeutete, die Bayonette aufsetzte und nahezu spontan den Hügel hinab stürmte. Durch die Topografie und das Gelände erschien es dann wie ein drehendes Tor.

Chamberlain hatte seine linke Flanke abgesichert, sodass seine Einheit in der Form eines spiegelverkehrten J aufgestellt war. Seine Hauptlinie blickte nach Süden, aber seine gesicherte linke Flanke wandte sich nach Norden. Und als diese verweigerte Flanke den Hügel hinab rannte - in die kleine Senke zwischen Big und Little Round Top, dem einzigen in diesem Gelände möglichen Weg -, trieben sie die Konföderierten auf und über Big Round Top davon. Also ist meine Vermutung hier, dass es eine Kombination von Gegebenheiten war, die hierzu geführt hat: teilweise Chamberlain's Entschlossenheit, die Position nicht zu verlassen und die einzige verbliebene Aktion zu tun, die ihm erlaubte, die Stellung zu halten, aber ebenso die spontane und enthusiastische Antwort und Erkenntnis der Umstände durch seine untergebenen Offiziere, insbesondere Major Ellis.

(zu Szene 43, Chamberlain macht einen konföderierten Gefangenen) Die Rolle von Kriegsgefangenen bei Gettysburg ist interessant, auch wenn ich zuvor gesagt habe, dass Gettysburg - und der Bürgerkrieg im Allgemeinen - sowohl der letzte Krieg im alten Stil als auch der erste moderne Krieg war. Hier haben wir ein Element, eine Tradition alter Kriegsführung, die bis in den Bürgerkrieg überlebte. Einmal gefangenengenommen - Chamberlain sagt dem Offizier, "Bleiben Sie hier", und der Offizier gehorcht. Seine Ehre zwingt ihn, sich so zu verhalten. Er hat kapituliert, er hat sein Wort gegeben. Selbst wenn sich der Schlachtverlauf sprichwörtlich umkehrt, würden viele Offiziere von 1863 darauf bestehen, sich in die Hand seiner Fänger zu begeben, da sie Kriegsgefangene waren - auch dann wenn seine eigenen Truppen kamen und ihn wieder befreiten. "Ihr Gefangener, Sir," sagt er, nachdem er Chamberlain seine Pistole ausgehändigt hatte.

In einer anderen Einstellung sehen wir einen Soldaten, der konföderierte Gefangene mit einer ungeladenen Muskete führt. Auch hier sind die Tage des Kampfes für diese Soldaten vorüber, sie haben sich ergeben. Es ist ihre Pflicht, nach hinten zu gehen. Nun, dies kann natürlich überzogen wirken. Aber allgemein, wenn man gefangen wurde, wenn man seine Waffen niedergelegt hatte, war es Pflicht, das Schicksal anzuerkennen und ein Kriegsgefangener zu sein.

Ich kann ein besseres Beispiel über diese Verhaltensweise im Bürgerkrieg geben, wenn man sich ansieht, was Armeen taten, die nach einer Schlacht plötzlich mit einer großen Anzahl Gefangener belastet waren: sie ließen sie auf Ehrenwort gehen. Hierzu wurde der dienstälteste Offizier gerufen und ihm mitgeteilt: "Ich werde Ihre Männer unter folgenden Bedingungen auf Ehrenwort entlassen..." indem sie zusagten, nach Hause zu gehen und in diesem Konflikt keine Waffen mehr zu tragen, bis sie von einer entsprechenden authorisierten Stelle formal ausgetauscht wurden. Der Offizier stimmte dem zu, dann wurde die Ehrenwiort-Zeremonie abgehalten und der Offizier unterzeichnete stellvertretend, - manchmal traten die Männer auch vor und machten ihr Zeichen, in vielen Fällen ihr X oder ihren Namen soweit sie es konnten, - erklährten hierdurch ihr Ehrenwort, und dann wurden sie entlassen, "Geht nach Hause". Und das Bemerkenswerte im Bezug auf den Bürgerkrieg ist, dass sie es genau so machten.

(JM) Die heftigsten Kämpfe der Schlacht von Gettysburg fanden nicht nur am Little Round Top statt, sondern auch im Devil's Den, im Weizenfeld, im Pfirsichhain, Orte die hierdurch berühmt wurden. Und sie werden im Roman und im Film erwähnt, aber nicht wirklich dargestellt. Und ich denke, dass die Wahl der 20. Maine, die Verteidigung von Little Round Top aus dramaturgischen Überlegungen sehr sinnvoll war. Denn dort fand tatsächlich ein solch harter, entscheidender Kampf statt, der letztlich auch den Durchbruch der Konföderierten an jenen anderen Stellen verhinderte.

(CS) Als Michael Shaara "The Killer Angels" geschrieben hatte, erwähnte ich bereits, dass er sich teilweise auf Longstreet's Memoiren stützte, um die Konfrontation - das ist das passende Wort - zwischen Lee und Longstreet zu beschreiben. Auch verarbeitete er die vielen Nachkriegs-Berichte von Joshua Lawrence Chamberlain. Memoiren sind wunderbar. Aus dem Bürgerkrieg gibt es viele Memoiren. Aber man darf nicht vergessen, dass die meisten Memoiren 10, 20, 30, 40 Jahre nach den Ereignissen geschrieben wurden. Und wir sind dennoch stets der Held unseres eigenen Lebens, und wenn wir unsere eigenen Erinnerungen niederschreiben, befinden wir uns im Mittelpunkt des meisten Geschehens. So tendieren diese Memoiren zu Beschreibungen, wie es die betreffende Person 20 oder 30 Jahre später noch im Gedächtnis hatte. Historiker müssen vorsichtig sein, Memoiren als hauptsächlich historisches Dokument zu verwenden und müssen die Angaben durch jene Umstände filtern. Ich behaupte nicht, Chamberlain sage nicht die Wahrheit, so wie er es im Gedächtnis hatte. Aber er hat diese Dinge viele, viele Jahre später aufgeschrieben.

(RM) Joshua Lawrence Chamberlain ist die amerikanische Entsprechung eines Kreuzritters. Chamberlain war ein Abolitionist. Er war beeinflusst worden von Harriet Beecher-Stowe - tatsächlich kannte er die Stowe's, denn er kannte Professor Stowe vom Bowdoin College. Man muss also verstehen, dass Chamberlain für die Union kämpfte, aber auch für die Abschlaffung der Sklaverei, die er als Monster in der Psyche, im Charakter, in der Nation der Amerikaner ansah.

 

Teil 2

(CS) Am Morgen des dritten Tages - am 3. Juli, dem entscheidenden Tag des Schlacht von Gettysburg -, war Lee entschlossen, den Angriff fortzusetzen. Longstreet war dagegen offensichtlich fast ebenso entschlossen, den Angriff nicht fortzusetzen. Longstreet hoffte, dass der Fehlschlag im Angriff gegen die linke Linie der Union vom Vortag Lee überzeugen würde, den Kontakt mit dem Feind hier zu beenden und Longstreet's bevorzugtes strategisches Manöver nach Süden zu wählen. Deshalb war er sehr enttäuscht, als Lee stattdessen zu ihm sagte: "Nein, wir werden diesen Angriff erneuern."

Und ursprünglich wollte Lee den Angriff tatsächlich an der gleichen Stelle wie am 2. Juli - oder zumindest in der Nähe - wiederaufnehmen. Aber Longstreet teilte ihm mit, dass Hood's Division - jetzt unter dem Kommando von Lafayette McLaws1), nachdem Hood verwundet war - und McLaws Division, die beide den größten Anteil des Angriffes vom 2. Juli getragen hatten, zu verbraucht waren um nochmals anzugreifen. Und Lee konnte seinem Untergebenen nicht widersprechen, er konnte nicht sagen: "Oh nein, ich glaube, Sie irren sich, sie werden es schaffen." Er musste Longstreet hier glauben.

1) Sachlich unrichtig, McLaws kommandierte die zweite von Longstreet's Divisionen, die an diesem Tag im Einsatz war. Für den verwundeten Hood rückte BrigGen Evander Laws von seiner Brigade in Hood's Division auf)

Lee plante also weiter: "Wir müssen andere Einheiten finden, um diesen Angriff auszuführen. Wir können zum Beispiel Pickett's Brigade nehmen, er ist frisch am Schlachtfeld. Wir können Pettigrew's Brigade dazunehmen, sie haben am 1. gekämpft und am 2. geruht. Und wir können eine dritte Brigade aus Elementen anderer Einheiten zusammenstellen, die noch verfügbar sind."

Nun, das ist es was Longstreet in seinen Memoiren erzählt, und seine Beschreibung ist die Einzige, die uns vorliegt. Longstreet soll gesagt haben: "General, ich war mein ganzes Leben lang Soldat, aber ich muss Ihnen sagen, dass ich glaube, dass dieser Angriff fehlschlagen wird." Nun, ob er das in diesen oder ähnlichen Worten gesagt hat oder nicht, es war nichtsdestotrotz klar, dass Longstreet diesen Angriff nicht machen wollte. Lee war dagegen fest entschlossen. Er glaubte, dass der Gegner kurz vor dem Zusammenbruch stand, dass ein weiterer guter, harter Vorstoß, eine konzentrierte Aktion zum Sieg führen würde.

Das Problem war, dass er nun anstatt die linke Flanke das Zentrum angreifen musste, nicht nur weil sich dort nun der Schwachpunkt des Gegners befinden würde, sondern weil die verfügbaren Truppen näher zum Zentrum standen. Und wenn er nicht noch einmal mehrere Stunden verlieren wollte, um sie nach rechts zu bewegen, musste er in der Mitte angreifen.

Also änderte sich nicht nur, wer den Angriff führen würde, es änderte sich auch, wo der Angriff erfolgen sollte und auch dessen Zeitablauf. Denn anstelle am frühen Morgen zu beginnen - was Lee's ursprünglicher Plan war -, musste man nun bis zum frühen Nachmittag warten. Und die große tragische Konsequenz aus dieser Änderung ist, dass Lee zuvor schon Ewell auf der anderen Seite bei Culps Hill angekündigt hatte, dass es einen morgendlichen Angriff geben würde, und Ewell sollte zur gleichen Zeit Culps Hill stürmen - was er auch unter hohen Verlusten tat, weil dies nicht mit dem Angriff am Nachmittag abgestimmt war.

Lee hatte die Schwierigkeit, dass er seine Offiziere auf dem riesigen Schlachtfeld verteilt hatte, mit denen er nur mittels Kuriere unter Zeitverzug kommunizieren konnte. Und schlussendlich sagte Lee: "Wenn dieser Angriff unter meiner eigenen Führung stattfindet, so dass ich ihn beobachten kann, wo ich ihn ausrichten und auf den wunden Punkt des Feindes führen kann, dann bricht der Angriff vielleicht durch und wird sich als die Entscheidung erweisen."

Longstreet bleibt spektisch, das ist klar. Wie überqueren wir die 1.500 Meter offenes Gelände über die Emmitsburg Road und dann die sanfte Steigung den Cemetery Ridge hinauf? Wie sollen die Männer das überleben? Und Lee hat darauf eine Antwort: "Sie werden das überleben durch den überwältigenden, massiven Artilleriebeschuss, der sich auf diesen einen Teil der gegnerischen Linie konzentrieren wird." Und Lee hatte 160 Geschütze vor Ort.

(zu Szene 57, Beginn des Artillerie-Beschusses) Von 13 bis 15 Uhr führten diese Geschütze das heftigste Artillerie-Bombardement durch, der jemals auf dem nordamerikanischen Kontinent stattgefunden hat. Ich habe an anderer Stelle behauptet, und vielleicht ist es übertrieben, dass dies das lautetste, von Menschen erzeugte Geräusch aller Zeiten gewesen sein könnte, bis zur Explosion der Atombombe 1945 bei Alamogordo. Hier also feuern 160 Kanonen, wie eine gigantische Zündschnur von rechts nach links, als sie entlang der konföderierten Frontlinie detonieren, sämtlich ausgerichtet auf diesen einen Punkt in der Unions-Linie. Es ist ein gewaltiges und überwältigendes Artillerie-Schauspiel.

(RM) Man kann nicht nahe an eine Kanone kommen, die abgefeuert wird. Wir kamen auf eine Lösung mit einer beweglichen Kamera an einem Helikopter, die ohne Risiko für Personen vor den aktiven Kanonen vorbeiziehen kann. Ein paar dieser Aufnahmen sind im Film, und ich bin froh darüber. Man merkt nicht, dass man im Helikopter ist. Man wähnt sich einfach vor einer Reihe von feuernden Kanonen.

(KO) Wir hatten im Film bereits Kanonendonner gehört, aber als alle 120 Geschütze feuerten, war es einfach unglaublich. Es war als würden unsere Trommelfelle aufgeben. Und das interessante an diesem Film war für mich, dass die Darstellung der Realität so nahe kam, dass es erschreckend war.

(CS) Das Wort "Batterie" kommt - wie so viele Ausdrücke im amerikanischen Bürgerkrieg - aus Frankreich. Das Wort ist abgeleitet von der Bedeutung, die Burg des Gegners zu zertrümmern. Als im 16. Jahrhundert der große französische Militärtechniker Voulban Strategien entwarf, wie befestigte Positionen eingenommen werden konnten, war es Aufgabe der Artillerie, die Mauern des Gegners aufzubrechen. Also war eine Batterie eine Gruppe von Kanonen.

Eine Batterie war eine Einheit wie ein Regiment oder eine Brigade in der Infanterie. Sie konnte aus nur zwei oder bis zu zwölf Geschützen bestehen, aber sie stand unter einheitlichem Befehl und wurden stets komplett eingesetzt. Typischerweise bestand eine Batterie aus vier oder sechs, mitunter auch fünf Kanonen. Und man versuchte so weit es ging, dass diese Batterien die gleiche Sorte, zumindest das gleiche Kaliber an Munition verwendeten, was aber nicht immer gelang. Manchmal gingen Batterien eine Sorte Munition aus, was einige Geschütze verstummen ließ, während die anderen Geschütze mit ihrer jeweiligen Munition noch feuern konnten. Kurz gesagt ist eine Batterie eine Gruppe von Artilleriegeschützen.

Jedes Geschütz in einer Batterie wurde von zwischen sechs und zehn Männer begleitet. Sechs Mann mit individuellen, genau festgelegten Rollen, waren zur Bedienung erforderlich, weitere Männer konnten zur Verstärkung hinzugezogen werden. Der Ablauf war sehr sorgfältig einstudiert, und man kann das im Film mit modernen Nachstellern genauso sehen.

Ein Mann räumt die Überreste des vorherigen Schusses aus - man wird kaum Schwarzpulver in das Rohr geben wollen, wenn am unteren Ende noch eine Glut aus altem Pulver liegt, also zieht man das hinaus bis das Rohr leer ist. Dann wird eine Tüte Pulver hineingegeben und nach hinten gerammt. Als Nächstes wird die Kugel geladen und ebenfalls hinabgedrückt. Bei Bedarf kommt dann noch Schrot hinzu, der ebenfalls eingedrückt wird. Dann wird das Spundloch mit Pulver gefüllt oder eine Zündkapsel aufgesteckt. Dann ordnet der Captain der Batterie die Ausrichtung an. Das Tragegestell wird dafür hinten angehoben, von Hand in die gewünschte Richtung gedreht und anschließend wird die Kanone in der Höhe ausgerichtet. Dann nimmt jeder seine Position ein, die Zündschnur wird gezogen und die Kanone detoniert.

(JM) (zu Szene 61, Longstreet befiehlt zögerlich den Angriff, und Szene 62, Pickett's Charge) Einen Teil des dritten Tages der Schlacht nahm der berühmt gewordene Pickett's Charge ein. Beinahe die gesamte konföderierte Armee war da. Die meisten hohen Offiziere sagten: "Das ist es, das ist der große Schlag, darauf haben wir gewartet, jetzt werden wir alles gewinnen oder alles verlieren." Longstreet ist dabei die große Ausnahme. Es gab am Culps Hill bereits ziemlich heftige Kämpfe, sowohl am Abend des 2. als auch am Morgen des 3. Juli, die im Roman und Film nicht behandelt werden. Denn es ist ziemlich naheliegend, dass man für den dritten Tag Pickett's Charge porträtiert, jenes berühmte, einzigartige Schlachtereignis des gesamten Bürgerkrieges.

(CS) Der dritte Tag von Gettysburg war jener Tag, an dem alles schief ging was nur schief gehen konnte. Und - so kann man argumentieren - dies war weniger ein Fehler von Strategie und Taktik, sondern vielmehr von ihrer Ausführung. Die Artillerie schoss zumeist deutlich über die Yankee-Stellungen hinweg, die Verteidiger wurden nicht pulverisiert, die meisten Geschosse gingen hinter der Linie nieder und trafen allenfalls die Versorgungswagen. Die Frontlinie und die Unions-Truppen wurden größtenteils verschont. Die Konföderierten hatten ganz einfach nicht genug Munition, das Feuer lang genug aufrecht zu halten. Ihre Zielausrichtungen waren nicht ausreichend koordiniert um sicherzustellen, dass das Unions-Gegenfeuer unterdrückt wurde. Und als die Männer um 15.00 Uhr nachmittags aus den Bäumen hervortraten und ihren 1,5 km langen Marsch begannen, war die Unions-Artillerie noch immer aktiv und konnte reagieren.

(RM) Nachdem wir mit 4:30 oder 5:00 Uhr sehr früh aufgestanden waren, musterten wir die 5.000 Soldaten und wiesen sie vor Sonnenaufgang auf ihre genauen Positionen ein, so nah wie möglich bei den Stellen, wo sich Kemper's, Garnett's, Pettigrew's und Pickett's Truppen aufgereiht hatten, so nah wie möglich. Man könnte nun sagen: "Um Himmels Willen, Ron, warum um alles in der Welt mussten sie auf desen exakten Positionen sein?" Dafür gab es viele Gründe. Erstens weil wir die Positionen kennen. Und wenn diese Daten schon vorliegen, halte ich es für eine Form von Arroganz, sie nicht zu benutzen. Denn wenn man historisch akurat arbeiten will, ordnet sich dem alles Andere unter. Es bestimmt alles, was Du in jeder Hinsicht tust. Wenn man über etwas keine Kenntnisse hat, hat man im Graubereich mehr Raum für Interpretationen. Aber wenn man etwas bereits weiß, sollte man bereit sein, es auch so zu machen. Und wenn die Leute das später ansehen, auch solche die den Film nicht studiert haben, dann bekommen sie das Gefühl, dass obwohl er nicht perfekt ist, obwohl wir Fehler gemacht haben - ich bin die letzte Person die glaubt, der Film sei perfekt, aber ich denke dennoch, der Film überträgt... - ich muss zugeben, ich spüre das selbst und ich habe es in vielen Rückmeldungen anderer Leute gehört - der Film überträgt ein Gefühl der Authentizität. Und selbst der Zuschauer, der die Schlacht studiert habt, spürt die Tatsache, dass dies etwas Besonderes ist, sie fühlen dass dies ernst genommen werden muss, weil wir Filmleute das ernst genommen haben. Das ist der erste Grund, diesen Aufwand zu treiben.

Der zweite Grund ist, dass es den Teilnehmern ein Gefühl der Authentizität verleiht, ein Gefühl, tatsächlich dabei zu sein. Und die 5.000 Darsteller waren tatsächlich 5.000 Historiker, die alle die Schlacht - sicherlich jeder einzelne von ihnen - besser kannten als ich. Und mit 5.000 Kritikern am Drehort, 5.000 Historikern vor Ort, muss man sehr aufpassen, es richtig zu machen. Sie waren vom Geist der Authentizität erfüllt. Also ganz egal wo die Kamera war, ob sie über alle 5.000 hinwegsah oder ob sie eine Anzahl Gesichter in Nahaufnahme zeigte, zwei oder fünf oder zehn, niemand fühlte sich als sollte er dort nicht sein. Man konnte die Kamera direkt vor ihnen aufbauen. Dies waren keine ausgebildeten Schauspieler, dies waren keine Leute die Körpersprache studiert hatten, diese Leute gehörten nicht zur Schauspielergilde. Die Darsteller waren völlig im Moment gefangen, glaubten völlig an diesen Moment. Und das passiert nur, wenn man die Leute in die echte Situation bringt, von der sie wissen, dass sie stimmig ist.

Als wir anfingen, als die Sonne aufging und hoch genug am Himmel stand dass es Mittag des 3. Juli 1863 sein konnte, als Pickett's Charge stattfand - und wir hatten das Glück, den gleichen klaren, blauen Himmel zu haben -, und als wir "Action!" sagten, dann kündeten die konföderierten Trommeln vom Angriff, die Hörner erklangen, die vorbereiteten Sprengladungen detonierten im Boden, und sie gingen los und die konföderierte Flagge wehte im Wind. - Ich sage ihnen, es war absolut einer der emotionalsten Momente, die ich je an einem Drehort erlebt habe. Und ich halte es nicht für übertrieben zu sagen, dass jeder Andere dort dasselbe fühlte.

(CS) Im Amerikanischen Bürgerkrieg gab es auch immernoch die Sitte napoleonischer Kriegsführung. Die älteren taktischen Handbücher basierten großtenteils auf den Lehren von Napoleon, aber die meisten mussten mit Erfindung des Minnie-Geschosses umgeschrieben werden. Also unterschieden sich die Taktikhandbücher, die 1860 verwendet wurden, von denen aus dem Jahr 1850. Dennoch blieb die Tradition. Meiner Meinung nach kann das Maß überbewertet werden, nach dem Bürgerkriegsschlachten nach napoleonischen Taktiken geführt wurden. Auch denke ich, dass man es sich damit zu einfach macht. Die Offiziere beider Seiten wussten um die technischen Fortschritte zwischen 1850 und 1860 und passten sich entsprechend an. Aber es trifft zu, dass viele der Waffen, insbesondere in der Artillerie, jenen entsprachen, die schon unter Napoleon benutzt wurden - so war die 12-Pfünder Napoleon-Kanone eine Standardwaffe beider Seiten in Gettysburg und im Bürgerkrieg insgesamt. In Gettysburg wurde dies offensichtlich, weil Lee, nachdem er beide Flanken angegriffen und jedesmal fast Erfolg gehabt hatte - man kann leicht erkennen, mit welchem Aufwand diese frühen Beinahe-Durchbrüche von Lee erkämpft wurden -, nachdem er also an beiden Flanken nur knapp versagt hatte, daraufhin das Zentrum als den schwachen Punkt ansah. Es ist eine Tatsache, dass Meade das Zentrum ausdünnte, um seine Flanken zu verstärken. Lee suchte sich also völlig korrekt den schwachen Punkt der Linie aus. Aber um zu diesem Zentrum zu gelangen, musste er das offene Gelände überqueren. Und der Grund, warum man oft von napoleonischen Taktiken spricht ist, dass Napoleon häufig seine Schlachten in einer Weise auslegte, erst auf einer Flanke zuzuschlagen, dann auf der anderen, und dann durch das Zentrum zu brechen. Und genau dies versuchte Lee bei Gettysburg, auch wenn es nicht die Schlacht ist, die er sich zu Beginn vorgestellt hatte. Denn er hatte wirklich erwartet - und ich glaune, mit gutem Grund - dass Longstreet's Flankenangriff im Süden entscheidend sein würde. Und das war er auch beinahe.

(KO) In der großen Schlacht hatten wir hier ein interessantes visuelles Problem zu lösen. Wir wussten, dass wir an diesem Tag mindestens 3.500 Leute auf dem Feld hatten, und Ron und ich berieten, wie wir eine Aufnahme mit 3.500 Figuren machen konnten. Das ist schwierig, besonders wenn sie wie im Kampf aufgereiht sind, weil man nicht einfach… wenn man alle 3.000 zeigen will, sieht man am Ende nur wenige, weil das ein Problem der Auflösung vom Film ist. Also sprachen wir darüber, wie wir das mit 20- oder 30-Sekunden-Einstellungen schaffen könnten, wie wir alle diese Leute zusammen zeigen konnten. Und die Antwort ist natürlich, eine Weitwinkeleinstellung zu nehmen. Ich hatte kürzlich erst von diesen kleinen Hubschraubern gehört, die man mit einer Fernsteuerung fliegen kann. Wir waren darüber sehr erregt und ich brachte an diesem Morgen das Team zusammen, um eine 30-Sekunden-Einstellung zu drehen, indem ich über die gesamte Armee flog. Nun, dabei gibt es spezielles Problem, und das ist die Reichweite des Helikopters, der vom Piloten nicht mehr als 80 oder 100 Meter entfernt fliegen konnte. Danach kann er den Helikopter nicht mehr steuern, weil er den Sichtkontakt zu ihm verliert. So kamen wir mit der tollen Idee, das wir ihn in ein Auto setzen und den Helikopter mit diesem Auto verfolgen. Ein Auto auf dem Feld, das dem kleinen Hubschrauber folgt, ist ziemlich schwierig zu steuern, und mit den Händen an der Fernsteuerung denke ich, hat er die Kontrolle schon etwas verloren. Der Tag ging zur Neige und wir hatten so manche Probleme. Am Ende gelangten die Einstellungen in den Film, aber ich hatte mir sicherlich ein paar großartigere Szenen vorgestellt als die, die dann letztlich gezeigt wurden. Aber auf seine Weise war es die einzige Möglichkeit, so viele Menschen in einer Einstellung zu zeigen.

(RM) Als wir diese Einstellungen drehen wollten, die ich zuvor beschrieben habe, schufen wir damit einen Blick über die marschierende Armee. Ich hatte mir mehr Brillianz gewünscht, aber sie bekamen ihn nicht. Als dann der Sonnenuntergang nahte, hatte ich das Gefühl, die Aufnahmen benutzen zu müssen um den gewaltigen Aufwand zu rechtfertigen.

(KO) Wenn ich nach der Einstellung gefragt werde, die mich selbst am meisten beeindruckt hat, dann ist das der Überblicksdreh über Pickett's Charge. Wenn man dies ein zweites und drittes Mal betrachtet, fallen einem die Tricks und Mauscheleien auf und was die Leute im Einzelnen getan haben. Aber hoffentlich bemerkt man es nicht gleich beim ersten Mal.

(RM) Eine Schlacht zu drehen ist wie in der Schlacht zu sein. Man kann nicht unterwegs die Richtung ändern. Man muss sich an seinen Plan halten. Wovon ich rede ist der große Marsch, nicht die Schießerei und der Rest. Die Schlacht wurde dann wieder auf unserem Drehort gemacht. Es ist ein riesiges Areal an erhaltenem Schlachtfeld. Natürlich konnten wir nicht die Straße überqueren, die ja schwarz ist, also ließen wir es bis zu dem Zaun vor der Straße laufen und hielten den Marsch dort an. Danach wechselten wir auf unseren Drehort.

Der Dreh der konföderierten Seite der Schlacht, nicht die der Union, wurde an einem einzigen Tag gedreht, weil wir von der Parkverwaltung nur einen Tag auf dem echten Schlachtfeld zugestanden bekamen. Dies geschah also auf dem echten Schlachtfeld, dort steht man etwa 3.000 Leuten gegenüber, die sich auf einen zubewegen, diese lange, lange Zeile, Reihe für Reihe für Reihe an Soldaten. Das ist sehr eindrucksvoll.

(KO) Hier merkt man die Handkamera, mit der ich in und zwischen der Gruppe war, und das vermittelt ein echtes Gefühl, dabei zu sein.

(RM) Die wohl einzige Möglichkeit, den Film zu finanzieren, besteht darin, jemand zu finden, der die Leidenschaft und das Interesse in den sachlichen Umstand und insbesondere die Buchvorlage teilt, und dessen Neigung die Erwartung bietet, dass dieses Interesse, dieser Enthusiasmus und diese Leidenschaft den Weg zu den Zuschauern finden kann, wenn man einen guten Film daraus macht. Die Suche nach dieser Person dauerte 13 Jahre. Und diese Person ist Ted Turner, eine große Figur, die mit dem Herzen arbeitet. Das bedeutet nicht, dass er nicht auch auf all die wirtschaftlichen Gesichtspunkte achtet - er tut das sicherlich auf Weisen, die ich nicht einmal kenne -, sondern weil er kein Großunternehmen führt, also kein Geschäft wo er ständig auf wirtschaftlichen Profit konzentriert ist. Meine Meinung von ihm ist - so wenig ich ihn auch kenne -, dass er jemand ist, der mit seiner Leidenschaft vorangeht, jemand, der Enthusiasmus für eine Sache entwickeln kann, und ich kann das verstehen, denn ich habe genauso angefangen. Ich hatte auch eine große Leidenschaft für diese Geschichte, ein tiefes Verlangen, ja ein persönliches Verlangen, diese Geschichte zu zeigen. Dann löste ich die wirtschaftlichen Probleme, löste all die Produktionsprobleme der Reihe nach, aber das ließ meinen Enthusiasmus nicht erlöschen. Als ich dann Ted Turner traf, erkannte ich natürlich die Qualitäten in ihm. Und so konnte schließlich der Film entstehen, entgegen aller Ablehnungen jener Manager, die ich die letzten 13 Jahre immer wieder gehört habe, a) dass es niemanden interessieren würde, b) dass es unproduzierbar sein würde, c) dass selbst wenn es gedreht wird, würde man sein ganzes Geld verlieren, weil es niemand ansehen wollen wird. Trotz all jener eindringlichen Versuche, ihn davon abzuhalten, den Film zu machen, sagte er: "Ich will ihn machen, weil ich ihn machen will." Und Gott sein Dank gibt es immernoch ein paar Große des Geschäfts, die nach ihren eigenen Neigungen handeln können.

Wir begannen mit den Dreharbeiten am 20. Juli 1992, 14 Jahre nachdem ich das Buch gelesen hatte, und der Film kam mehr ein Jahr später im November 1993 in die Kinos.

(KO) Wir drehten den Film im Juli und August, also im Hochsommer, und es war ungewöhnlich heiß und auch sehr hohe Luftfeuchtigkeit, was nicht nur den Filmheuten zu schaffen machte, sondern vor allem auch den Darstellern, die ständig ihre Uniformen aus Wollstoff tragen mussten. Ich glaube, von diesen Leuten gingen etwa 10 bis 15 jeden Tag zum Sanitäter, meist aus Erschöpfung durch Hitze. Das war wohl auch die einzige Form, in der Leute bei den Dreharbeiten zu Schaden gekommen sind.

Man kann Schlacht-Szenen mit der Kamera nicht wirklich vorausplanen. Es ist in dieser Hinsicht sehr nahe an der Dokumentarfilmerei. Man hält einen regulären Kriegsrat, wie wir das nennen. Man bespricht die Bewegungen, die Einstellungen, und dann führt man es einfach aus. Gerade die großen Schlachtszenen studiert man nicht ein, man spielt sie einfach. Deshalb haben wir diesen großen Anmarsch herausgenommen, der für sich allein schon eine große Sache war. Darin eingebettet hatten wir bestimmte Einzelheiten geplant, die sich dann zu einem Gesamtbild zusammenfügen. Und weil man es nicht wiederholen kann, wenn man tausend Leute auf dem Feld hat, bekommst Du es besser beim ersten Mal in den Kasten.

(JM) Der Bürgerkrieg war schon immer das Ereignis der Amerikanischen Geschichte, über das am meisten geschrieben und das in gewisser Weise am meisten gefeiert wurde. Die Gründe, worüber der Krieg geführt wurde, sind nach wie vor gegenwärtig, selbst in der heutigen amerikanischen Gesellschaft. Rassen, das Machtgleichgewicht zwischen zentraler und lokaler Regierung, Regionalisierung, Nord gegen Süd, und während wir hier sprechen, finden an verschiedenen Orten Nachstellungen statt, jedes Wochenende fast das gesamte Jahr.

(RM) Früh vor den Dreharbeiten, etwa ein, zwei Wochen vor Drehbeginn, erhielten wir die Nachricht, dass Ted Turner im Film mitspielen wollte. Es ist wunderbar, eine solche Anfrage von einem Studio-Manager - in diesem Fall. dem Studio-Manager - zu bekommen, die man gerne erfüllt. Und wir setzten unsere Historiker darauf an, herauszufinden, wen er darstellen könnte. Denn mit Ausnahme von Sergeant Kilrain, einer erfundenen Figur aus der Feder von Michael Shaara, ist jede Figur im Film und dem zugrunde liegenden Buch eine echte, historische Person. Dann stießen wir auf Colonel Tazwell Patton, der Ur-Ur-Großonkel des im 2. Weltkrieg berühmt gewordenen Patton. Wir erforschten seine Uniform, und er ließ sich die exakte Uniform von Tazwell Patton maßanfertigen. Und im Grunde hatte er nur einen Satz zu sagen: "Los geht's, Männer!", gleich nach oder noch während der Sequenz, als Armistead in der Mitte von Pickett's Charge am Zaun bei der Emmitsburg Road ruft: "Mit mir! Wer kommt mit mir?", seinen Hut auf das Schwert spießt und auf den Bloody Angle zugeht.

Die Nacht bevor wie diese Szene drehten - es war die Woche mit Pickett's Charge, wir brauchten eine Woche für die rund 20 Minuten die Pickett's Charge im Film dauert - man muss nicht erwähnen, dass die Szenenbildner diese Woche emsig das Feld bevölkerten, weil wir gewaltigen Produktionsaufwand hatten, Sprengsätze im Boden, Kanonen die wirklich feuerten, Musketen die wirklich feuerten, extrem anstrengende Bedingungen beim Dreh, echte Bayonette, tausende Soldaten - also mussten wir uns mit großer Überlegung, großer Vorsicht bewegen, Sicherheit zuerst, Sicherheit zuerst, Sicherheit zuerst. Und in der Nacht vor einem dieser Tage von Pickett's Charge gab es eine kleine Party für die Darsteller, auch Ted Turner und Jane Fonda waren da, und Ted erschien in der Uniform, die er am nächste Tag tragen würde. Und ich lehnte mich zum ihm herüber und sagte: "Ted, wir können Ihre Szene auf zwei Arten drehen." Ich wollte den Zugewinn aus dieser Gelegenheit weder übertreiben noch gefährden, denn wir hatten viele Szenen abzudrehen. Ich sagte: "Wir können Ihre Szene in einer von zwei Arten drehen. Wir können Sie von unten gegen den Himmel drehen, mit etwa fünf oder zehn Soldaten um Sie herum. Oder, nachdem wir zufällig sowieso 4.000 Soldaten am Drehort haben, könnte ich die Kamera einfach anheben und Sie mit 4.000 Soldaten hinter Ihnen zeigen. Sie haben die Wahl." Er verstand, denn wofür er 15 Minuten braucht, benötigen andere Stunden. Er sagte: "Ich möchte die große Szene." Entschieden, so machen wir es.

Am nächsten Tag drehten wir es genau so, und wir hatten sogar zwei Einstellungen mit ihm. Einmal folgte ihm die Kamera, als er einfach nur durch die Explosionen läuft, die um ihn herum waren, andere Leute um ihn erschossen werden, Kanonen feuerten, und Nebelmaschinen alle drei Meter arbeiteten. Man kann ihn im Film nicht übersehen, besonders nicht auf der Kinoleinwand. Man erkennt einfach, das ist Ted Turner. Und die zweite Einstellung war im Stillstand, wo er "Los geht's, Männer!" ruft und erschossen wird, sodass wir ihn mit explodierenden Farbpatronen auf seiner Brust präparieren mussten. Wir drehten das zwei Mal. Beim ersten Durchgang gab es ein paar Kleinigkeiten, die nicht so perfekt liefen wie wir es wollten. Bei zweiten Mal klappte es und ich sagte: "Schnitt, Aus!" Darauf sagte er "Nennt mich einfach Zwei-Mal-Ted." Das war es, das war die Szene mit Colonel Tazwell Patton an der Emmitsburg Road.

(KO) Das Interessanteste, was man hinter der Szene beobachten kann, sind diese Wagen und Kamera-Gestelle auf denselben Gleisen. Man denkt jede Minute, sie würden zusammenstoßen., aber sie haben eine Methode, sich nicht ins Gehege zu kommen. Jedes hatte seine besondere Aufgabe. Sie hatten gut 20 Meter Abstand zueinander, eine folgte diesen, die andere jenen Figuren. Sie konnten nicht die vollen 200 Meter mit der ganzen Armee entlangfahren.

Alle drei oder vier Stunden gingen wir zum Ausgangspunkt zurück. Dann mussten sie die Bomben wieder in den Bogen eingraben. Wir hatten wohl eine eigene Armee an Spezialeffekt-Leuten, naja, so viele auch wieder nicht, aber es waren sicher 50 oder 60. Kaum war also die Truppe hindurchmarschiert, mussten sie wieder los und die Sprengladungen mit ihren Kabeln auslegen. Es war eine gewaltige Organisation.Und wir wussten, wir konnten das nur einmal am Vormittag und einmal am Nachmittag durchziehen.

(RM) Der Zusammenhang im Film ist immer ein wichtiger Aspekt, ich meine, mal ist die Sonne da, mal ist sie nicht da, mal kommen Wolken heraus. Und besonders bei einem Außendreh-Film wie diesem kann eine Stunde über mehrere Drehtage entscheiden und zum Problem werden. Nun, wir hatten bei diesem Film das Glück, oder in Kriegsfilmen allgemein, dass wir viel Rauch einsetzen konnten, und Rauch vernebelt die direkte Sonne, ob sie nun scheint oder nicht, und das gab uns Sicherheit.

Ich denke, in der großen Schlacht hatten wir einen Haupt-Drehplan. Wir wussten, was wir mit den tausenden Nachstellern an diesem Tag erreichen wollten. Daneben hatten wir einen Neben-Drehplan, den wir mit weniger als 1.500, nicht viel mehr als tausend Nebendarstellern drehten. Mit dieser Gruppe arbeiteten wir vielleicht eine Woche, vielleicht acht Tage. Danach reduzierten wir sie auf 150, 200 Darsteller. Es ist wie ein normales Drehbuch, aber in diesem Fall richtet es sich sehr stark danach, wieviele Menschen man verfügbar haben will, und das wiederum bestimmt die Große und Mächtigkeit von dem, was Du erwarten kannst.

(JM) Als Stadt oder als Gebiet war Gettysburg selbst bedeutungslos. Diese Schlacht hätte bei jeder anderen Stadt in Pennsylvania, im Grunde auch in Maryland stattfinden können, mit demselben Ausgang, der vergleichbare Folgen gehabt hätte. Für den Norden war es ein physischer, militärischer, aber auch ein moralischer Sieg, besonders in der öffentlichen Meinung. Es war die Umkehrung der offensichtlichen Bewegung des Krieges hin zu einem konföderierten Sieg durch Lee's Invasion - oder Überfall, was ein besserer Ausdruck dafür ist - nach Pennsylvania und einem weiteren Sieg über die Potomac-Armee in der Größe von Chancelloryville, worauf Lee gehofft hatte. Es hätte so demoralisierend auf die Nordstaatler und auch auf die Potomac-Armee wirken können, dass Lincoln keine neue Unterstützung für den Fortgang des Krieges mehr hätte finden können. Selbst dann, wenn zur gleichen Zeit Vicksburg gefallen wäre, wie es denn auch kam. Denn die meisten Medien beider Seiten befanden sich im Osten - New Yorker Zeitungen, Philadelphia, Washington, Richmond. Und so verfolgte man mit deutlich mehr Aufmerksamkeit, was im östlichen Schauplatz geschah. Die meiste Presse konzentrierte sich in diesem Krieg auf diese beiden Armeen, der Armee von Nord-Virginia und der Armee vom Potomac, und ihrem gewaltigen Ringen über vier Jahre hinweg. Wenn Lee so erfolgreich gewesen wäre wie er hoffte, egal ob es bei Gettysburg oder anderswo geschehen wäre, wäre der politische und der moralische Nachgang für den Norden verherend gewesen. Darauf hatte Lee sicherlich gehofft. Und sein Versagen, die Tatsache dass er mit einer stärker geschlagenen Armee als die Armee vom Potomac nach Virginia zurückschlich, ohne den gesuchten Sieg erzielt zu haben, brachte den erfrischenden Schuss für die Moral des Nordens und bereitete die Basis, welche - wie wir heute wissen - die Anstrengungen erneuerte, in die im Norden so genannte Rebellion einzudringen, zu besiegen, zu besetzen und zu unterdrücken.

Lee wurde häufig für seine offensive Taktig bei Gettysburg gegen eine gut-geführte Armee in guten Verteidigungsstellungen kritisiert. Aber eingedenk, was Lee zu jener Zeit wusste, was er über das Temperament seiner eigenen Armee wusste, was er über die logistische Lage in Pennsylvania wusste, waren dies vielleicht die richtigen Entscheidungen, zumindest am zweiten Tag.

Einmal sprach ich ausführlich mit Michael Shaara. Ich traf ihn 1986 oder 1987 im Gettysburg-Bürgerkriegs-Institut und unterhielt mich lange mit ihm. Ich lernte ihn dort richtig kennen. Er unterrichtete Shakespeare, er war selbst ein Shakespeare-Schüler. Und sein Antrieb, diesen Roman zu schreiben, war der Wunsch, etwas aus der Amerikanischen Geschichte zu tun wie es Shakespeare in seinen Bühnenstücken mit der englischen Geschichte getan hatte, insbesondere bei "Henry V." und der "Schlacht von Argencourt". Besonders "Henry V." und "Argencourt" waren die Vorbilder. Und er sah sich um und sagte: "Nun, Gettysburg ist die ideale Parallele." Wenn man den Aufbau des Romans betrachtet, der auch im Film umgesetzt wurde, ist es eher ein Bühnenstück, ein Stück aus drei Akten für die drei Tage, und nicht so sehr ein typischer Roman. Jedes Kapitel hat einen Titel - Longstreet, Chamberlain, Buford, Lee -, was der Verschiebung der Szenerie entspricht und durch den neuen Blickwinkel den Hauptdarsteller der Szene bestimmt. Die Grundzüge von Shakespeare haben ihren Eingang in den Film gefunden, und so denke ich, dass man den Film "Gettysburg" mit einem der beiden Verfilmungen von "Henry V." vergleichen kann - dem, der während dem 2. Weltkrieg mit Sir Lawrence Oliver entstand, oder dem, der erst vor sechs oder acht Jahren erschien.

(CS) Gettysburg ist die größte Schlacht im Amerikanischen Bürgerkrieg. Die Zahl der Verluste wird verschiedentlich zwischen 48 und 58.000 angenommen, zumeist geht man von 53.000 aus. Es ist die blutigste Schlacht des ganzen Krieges. Es ist die Schlacht, die die ambitionierteste konföderierte Offensive des Krieges beendete. Und es ist die Schlacht, die Robert E. Lee erkennen ließ, dass er den Krieg nicht länger zum Feind tragen konnte. Er sollte sich in taktischen Situationen weiterhin aggressiv verhalten, aber er sollte nie mehr vorschlagen, seine Armee über den Potomac nach Norden zu bringen. Der Blutzoll dort hatte seine Armee geschwächt und er erkannte, so denke ich, dass er diesen Krieg nur durch Hinhalten und Weiterkämpfen gewinnen kann, bis der Norden den Willen zur Fortsetzung verlieren würde. Und er glaubte, dass das immernoch möglich war.

Nach 1863 wurde der Krieg zu einem Abnutzungskampf. Zur Frage wurde, was länger aushalten würde: Die Mannstärke der Konföderierte oder der Willen des Nordens. Und der Wille des Nordens sollte siegen. Der zweite Grund, der Gettysburg zu so einem bedeutenden Wendepunkt machte, ist die Tatsache, dass an jenem Tag, als Lee den Großteil seiner Armee zum Cemetery Hill schickte, John C. Pemberton 1000 Meilen entfernt in Vicksburg am Mississippi-Fluss einen Kurier aus seinen belagerten Linien zu Ulysses S. Grant schickte und fragen ließ, welche Bedingungen dieser für eine Kapitulation jener Stadt stellen würde, die sich am nächsten Tag, dem 4. Juli dann ergab. Dieser Doppelschlag gegen konföderierte Hoffnungen, die Niederlage von Vicksburg am Mississippi, und die Niederlage bei Gettysburg mit dem Verlust von 25.000 Männern aus Lee's Armee, waren phychologische Härten, von denen man sich nicht leicht erholen konnte. Aber die Konföderation sollte noch für zwei weitere Jahre kämpfen, und die Verluste dieser beiden Jahre sollten die der ersten beiden Jahre übertreffen. Der Bürgerkrieg war also absolut nicht vorüber. Es war nicht einmal der Anfang von Ende, aber vielleicht war es das Ende des Anfangs.

(JM) Seit 1865 erlangte die sogenannte "Verlorene Sache"-Mentalität einen kraftvollen Nachdruck im Süden - der Versuch von Weißen aus dem Süden, die vernichtende Niederlage zu begreifen, die die erlitten haben, und dem Bestreben, ihren Stolz und den ihrer konföderierten Vorfahren mit der Realität der Niederlage zu vereinbaren -, was meiner Meinung nach noch immer die Psyche vieler Weißen bestimmt, wie man beispielsweise an der Hitzigkeit der aktuell geführten Debatte über den Symbolwert der konföderierten Kriegsflagge im Süden erkennt. Die Haltung zur Sklaverei und das Schuldgefühl, das einige Weiße über die Sklaverei haben könnten, und Gefühle sowohl des Stolzes als auch der Bloßstellung, die Farbige darüber haben könnten, Sklaven gewesen und durch den Kampf für die Union in diesem Krieg ihre Freiheit erlangt zu haben, sind noch heute vorhanden und meiner Meinung nach noch immer der Schlüssel für die Beziehungen zwischen Schwarz und Weiß, zwischen Nord und Süd, in einigen der kulturellen Auseinandersetzungen in diesem Land. Sie sind noch immer unter uns. Und das ist wohl einer der Gründe, warum so viele Menschen weiterhin vom Bürgerkrieg fasziniert sind. Diese Gründe sind nicht verschwunden. Mit den Worten von William Falkner: "Die Vergangenheit ist nicht tot, sie ist noch nicht einmal vergangen." Ich denke, das ist wahr. Der Bürgerkrieg ist nicht Vergangenheit, er begleitet uns bis heute.