Der Westen, Teil 3
Hier der nächste Teil des kleinen Rundblicks auf "die andere Seite", also den Westen der damaligen Bundesstaaten, in denen auch entscheidende Dinge des Bürgerkrieges passierten.
Zu jener Zeit gab es im Westen zwei weit von einander entfernt liegende Schauplätze: den Mississippi, an dem US-MajGen Grant bemüht war, alle konföderierten Befestigungen zu knacken und den Fluss für die Union zu sichern; und Tennessee, ein Staat in dem es größere Gebiete mit Unions-freundlicher Bevölkerung gab, welche Präsident Lincoln gerne für den Norden gesichert sehen wollte.
Die größte Unions-Armee in Tennessee stand unter der Führung von MajGen William S. Rosecrans, wie ich bereits erzählt habe, ein eher unauffälliger Heerführer und gläubiger Katholik. Bei der Stadt Murfreesboro, TN, etwa 50 km südlich von Memphis, lag der konföderierte General Braxton Brag mit seiner Armee im Winterlager. Von Bragg habe ich auch schon berichtet. Er hatte ein eher mürrisches Wesen, beschuldigte häufig seine Untergebenen für seine eigenen Fehlentscheidungen, und war kein besonders guter Anführer. Aber er war ein Freund von Präsident Davis und derzeit in ganz Tennessee der wichtigste General.
General Braxton Bragg, CSA / Major General William S. Rosecrans, USA
Rosecrans bevorzugte es eher, durch geschickte Manöver Vorteile über seinen Gegner zu erziehen anstatt ihn in offenem Kampf anzugreifen. Doch er hatte starken politischen Druck aus Washington, endlich offensiv gegen Bragg vorzugehen. Als im Winter 1862/63 der Boden auf dem Tennessee-Hochland soweit gefroren war, dass man darauf marschieren konnte, folgte Roscrans und griff Bragg am 31.12.1862 bei Murfreesboro an.
(Die Konföderierten bezeichneten diese Schlacht anschließend als "2. Schlacht von Murfreesboro", nachdem es dort bereits ein unbedeutendes Kavallerie-Gefecht gegeben hatte. Der Norden, der die Schlachten meist nicht nach Ortschaften sondern nach Flüssen oder Bergen benannte, sagte hierzu "Schlacht von Stones River".)
An diesem Silvestertag war das Glück aber auf Bragg's Seite. Er hatte den Angriff vorhergesehen und es gelang ihm, Rosecran's Armee von mehreren Seiten her so zusammenzudrücken, dass dieser zwischen Bragg und dem Stones River eingekesselt war.
Dann aber machte Bragg große Fehler. Am 1. Januar 1863 setzte er den Kampf nicht fort, um den Gegner zur Aufgabe zu zwingen, sondern ordnete seine Aufstellungen neu. Dabei gab er Rosecrans neuen Raum, den dieser dankbar annahm und sich ebenfalls besser aufstellen konnte. Erst am 2. Januar setzte Bragg das Gefecht fort, allerdings deutlich weniger aggresiv, und gegen nun deutlich stärker postierte Unions-Reihen. Folglich verlor Bragg diese Schlacht und musste nach Süden zurückweichen.
Bragg machte also denselben Fehler, der weiter im Osten den Unions-Generälen immer wieder passierte: einen ersten Erfolg nicht sofort auszunutzen sondern durch Kampfpausen oder teilweisen Rückzug dem Gegner die Chance zu geben, selbst in die Offensive zu kommen.
In Tennessee wurde die nächsten Monate nicht mehr gekämpft. Nun kam Rosecrans mit seiner bevorzugten Taktik zur Geltung, den geschickten Manövern unter Ausnutzung des Geländes, um den Gegner immer weiter vor sich her zu treiben. Im sogenannten "Tullahoma-Feldzug", der ziemlich unbekannt blieb, weil es darin keine legendären Schlachten gabt, erreichte er Bragg's Rückzug bis in die wichtige Stadt Chattanooga, TN und darüber hinaus bis über die Staatsgrenze nach Georgia. Dort kam es erst im September wieder zum Gefecht. Ich werde davon berichten.
Auch am Mississippi war es um diese Zeit ruhig. Das lag natürlich an der Jahreszeit, denn im Winter gibt es dort zwar keinen Frost, aber das ganze Land verwandelt sich in Sümpfe und Moraste, sodass das Vorwärtskommen für eine ganze Armee so gut wie unmöglich ist. Die nächste bemerkenswerte Aktion beginnt dort erst im Mai mit dem Ziel, Vicksburg, MS einzunehmen.
Bis dann...