General ist nicht gleich General
In Literatur und Verfilmungen zum Bürgerkrieg werden die höchsten militärischen Kommandeure mit "General" angesprochen. Das erweckt den Eindruck, als wären alle diese (engl.) "Generals" gleichrangig, also keiner höher als der Andere. Das ist aber nicht richtig. Und das will ich hier erklären.
In allen auf Napoleon zurückzuführenden Militärsystemen der Welt gibt es insgesamt vier verschieden hohe Generals-Ränge (hier die deutschen und amerikanischen Rangnamen, aufsteigend):
Egal welchen dieser Ränge ein Soldat nun innehat, er wird stets einfach mit "General" angesprochen. Die genaue Rangbezeichnung wird nur im Schriftvekehr (Briefe, Berichte, schriftliche Befehle, Statistiken etc) oder selten bei offiziellen Anlässen genannt.
Nicht immer sind alle diese Ränge besetzt, das hängt einfach von der Größe der jeweiligen Militärstruktur ab. Die US-Armee beispielsweise war nach dem Mexiko-Krieg 1848 auf "Friedensgröße" reduziert worden. So gab es vor dem Bürgerkrieg sechs militärische Verwaltungsbezirke mit je einem Brigadier General, und als Oberbefehlshaber hatte Winfield Scott den einzigen Rang des Major General inne.
Mit Beginn des Bürgerkriegs verfielfachte sich die Armee-Größe quasi über Nacht, und so gab es massenweise neue Offiziere und auch Generäle. Beide Seiten versuchten nun, durch Verwendung weiterer Dienstränge etwas Struktur hineinzubringen. Dabei gingen sie jedoch sehr unterschiedlich vor.
Nordstaaten
Wie der Name Brigadier General schon sagt, war er dafür vorgesehen, eine "Brigade" zu kommandieren. Eine solche Brigade bestand aus 3 bis 5 Regimentern, im Höchstfall also aus 5000 Männern. Einen Brigadegeneral erkannte man an Schulterstücken mit einem einzelnen Stern.
Mit immer größer werdenden Armeen fasste man mehrere Brigaden zu "Divisionen" und später mehrere Divisionen zu "Corps" zusammen. Alle zusammengehörenden Brigaden, Divisionen und Corps bildeten dann eine "Armee" (wovon es im Norden 5 größere sowie einige kleinere gab). Die Kommandanten dieser größeren Einheiten wurden dann zum Major General ernannt. Der alten Wortbedeutung nach ist ein "Major" ein "Zuarbeiter", hier für den "General" (auch wenn es diesen garnicht gab, es ist halt nur eine überlieferte Bezeichnung). Einen Major General erkannte man an Schulterstücken mit zwei Sternen.
Es gab immer wieder Diskussionen, die einzelnen Major Generals untereinander nochmals abzustufen, je nach Größe ihres Kommandos vor einer Division, einem Corps oder einer ganzen Armee. Aber dazu konnte sich der US-Kongress nicht durchringen. Die Einrichtung von Generals-Planstellen, die Berufung dorthin sowie Zuweisung auf bestimmte Kommandos waren und sind nämlich immer Sache des jeweiligen Parlaments (bis heute). Die Ränge Lieutenant General und General waren per seit dem Unabhängigkeitskrieg abgeschafft. So benutzten manche hochrange Major Generals andere Kennzeichnungen, wie z.B. eine besondere Hüftschärpe oder besonders umkränzte Rangabzeichen. Ansonsten verließen sie sich darauf, dass ihre Standeskollegen untereinander wussten, welches Kommando ihnen zugeteilt war und wer wem deshalb weisungsbefugt ist.
Als Anfang 1864 MajGen Ulysses S. Grant zum Oberbefehlshaber aller US-Armeen und damit über sämtliche US-Generäle berufen wurde, erreichte Lincoln, dass nur für Grant der Rang des Lieutenant General wiedereingeführt wurde. (Wortbedeutung: "Lieutenant" stammt aus Frankreich, ein "Leftenant" steht links ("left") von Herrn des höheren Ranges, ist also dessen Stellvertreter) Zur Kennzeichnung erhielt er Schulterstücke mit 3 Sternen.
Grant blieb auch nach Kriegsende Oberbefehlshaber. Ihm zu Ehren wurde erst dann der Rang des Generals (englisch zur Unterscheidung auch Full General genannt) eingerichtet und er wurde dorthin befördert. Der letzte Mann, der vor ihm diesen Rang hatte, war George Washington. Die US-Armee hat es seitdem beibehalten, ihrem Oberbefehlshaber diesen Rang zu verleihen. (Ein Bild mit den vier Sternen auf dem Schulterstück zeige ich hier nicht, weil es diesen Rang während des Bürgerkrieges ja nicht gab).
Südstaaten
Im Süden gab es wie im Norden zunächst nur Brigadier Generals. Einen Oberbefehlshaber mit höherem Rang hatte die Konföderation zunächst nicht, diese Aufgabe übernahm Präsident Davis selbst. Wie im Süden üblich, trugen sie Offiziere ihre Rangabzeichen dort am Kragen. Der Brigadegeneral hatte drei Sterne, umgeben von Eichenlaub.
Aus dem gleichen Grund wie im Norden schuf man auch in der Konföderation rasch den Rang des Major General. Hier - und für alle anderen Generals-Ränge - wurden aber keine neuen Abzeichen eingeführt, auch die Uniform-Verzierungen blieben gleich - von inoffiziellen Knopfmuster-Varianten einmal abgesehen. Die Anrede "General" war ja wie schon gesagt auch einheitlich.
Als Nächstes richtete die Konföderation schon bald den Rang des (Full) General ein.
Warum wurden der Lieutenant General übersprungen? Der Grund waren die Miliz-Systeme der Mitgliedsstaaten. Dort gab es auch Dienstränge, die vom Militär abgeschaut waren. Die Milizen wurden nicht von Richmond, sondern von den Einzelstaaten aufgestellt, und einige Staaten gaben ihren Milizführern Ränge bis hinauf zum Lieutenant General. Milizen waren Bürgerwehren, also kein ordentliches Militär. Um diesen Unterschied deutlich zu machen, musste es im "richtigen" staatlichen Militär einen Dienstrang geben, den kein Miliz-Offizier je erreichen konnte: den (Full) General. Im Norden und bei uns in Deutschland hätte er vier Sterne auf der Schulter.
Präsident Davis berief nur fünf aktuelle Brigadier Generals in diesen hohen Rang: Generaladjutant Samuel Cooper, Albert S. Johnston, Robert E. Lee, Joseph E. Johnston und Pierre G. T. Beauregard. Im Laufe des Krieges kamen noch Edmund Kirby Smith und zeitweise John Bell Hood hinzu. Nur ein (Full) General durfte eine komplette Armee führen.
Mit immer größer werdenden Armeen wollte man auch den letzten noch verfügbaren Dienstrang nutzen und richtete für höchste Kommandos unterhalb des Armee-Kommandeurs den Lieutenant General ein. Auch hier gab es keine gesonderten Rangabzeichen. Insgesamt 19 Lieutenant Generals hatte die Konföderation. Bemerkenswert ist, dass knapp zwei Monate vor Kriegsende sogar zwei Männer dorthin befördert wurden, die ursprünglich keinerlei militärische Ausbildung mitgebracht hatten: die Kavallerie-Generäle Nathan Bedford Forrest und Wade Hampton.